gesellschaft

  • Was tun, wenns nicht mehr stromt?

    Symbolbild: Strom (September 2004)

    Energiekonsens, Reststrommengen, Kaltreserven, Moratorium, Endlagersuche, Energiewende, Restlaufzeit, Laufzeitverlängerung – wir mussten eine Menge Vokabeln büffeln in den vergangenen Monaten. Da ist es fasst schon schade, dass bald abgeschalten wird.

    Doch schauen wir nach vorn, es bleibt nicht mehr viel Zeit, die zehn Jahre sind im nu rum. Bald geht uns der Strom aus, das hat natürlich Konsequenzen. Die wichtigsten hier noch einmal im Überblick:

    negativ:

    • Stromautos bleiben plötzlich stehen
    • Deinem Kühlschrank geht das Licht aus
    • Du kannst Dein Telefon nirgendwo mehr aufladen
    • Kindersteckdosensicherungshersteller gehen pleite

    postiv:

    • Du kannst ungeliebte Termine absagen, weil Dein Auto nicht mehr fährt
    • Du siehst nicht mehr die gähnende Leere in Deinem Kühlschrank
    • Du musst keine Stromabschläge mehr bezahlen
    • Du musst Dich nicht entschuldigen, wenn Du eine Mail / einen Anruf unbeantwortet lässt
    • Dein Kind darf endlich ohne Konsequenzen in Steckdosen fassen
  • Ein herrliches ERGO Bibamus!

    koks!nutten!prost! – michel war mal wieder voll in seinem element und lenkte den benz durch brüssel. dabei schlug er hysterisch aufs lenkrad. dominique lag auf der rückbank, mit dem war nicht mehr viel los. seitdem ihn seine versicherung nicht mehr auf partys lädt, liegt er im wachkoma und lallt nur noch.

    Storch in Kreuzberg (September 2006)

    karl-theodors alten golf hatten wir meistbietend zu schrott gefahren und uns dann den benz gekauft. spottbillig, vollgetankt mit alkohol und dienstwagengeregelt. den ganzen weg von mittelfranken nach belgien brüllt michel den einzigen text, den er sich noch merken kann:

    “Fettes, weißes Fleisch, aufgequolln vom vielen Sitzen,
    der Geruch von Magenbitter, Wurstfinger, die schwitzen,
    grabschen nach dem Telefon, bitte, bitte, schnell!
    Zwischen zwei Terminen kommt die Dame ins Hotel.
    Sie macht es sehr professionell, muß aber doch ein bißchen reiben.
    Wie sie es dann treiben könnte ich hier zwar beschreiben,
    doch ich lass es lieber bleiben, das wär a) überzogen
    und du b) um den Spaß, dirs selber auszumaln, betrogen.” (( aus: “Politiker beim Ficken” von Götz Widmann))

    das geht allen gehörig auf den keks, mittlerweile ist er heiser. benito silvio haben wir irgendwo auf einem parkplatz an der A3 vergessen. kann ja mal passieren. macht macht auch nicht verantwortungsvoller – dominique schreckt nicht vor den plattesten sprüchen zurück. blöderweise haben wir auch vergessen, was wir eigentlich in brüssel wollten. unsere gefälschten ausweise der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein machten immerhin gut eindruck auf die leichten frauen zwischen dem Flandrischen Tiefland und dem Brabanter Plateau. dabei verstanden wir kaum brüsslisch.

    karl-theodor distanziert sich seit ein paar tagen von uns und bleibt auf seinem hotelzimmer. was das nun schon wieder zu bedeuten hat. ständig trägt er was in sein kleines notizbuch ein und zitiert dabei rumänische solipsisten…

    fortsetzung folgt

  • was viele auch nicht wissen #3

    Ich habe heute gelesen, dass die Queen keinen Reisepass hat, weil Reisepässe in Großbritannien im Namen der Königin ausgesellt werden und die Queen sich selber keinen Pass austellen muss. Es reicht, wenn Sie ihre Identität mündlich bestätigt. Trotzdem hat sie schon über 100 Länder bereist. Das fand ich doch relativ interessant und es gibt noch mehr Dinge, die vielleicht nicht jeder von Queen Elizabeth II weiß.
    Zum Beispiel ihren Titel nach der Krönung: “Elizabeth II, by the Grace of God, of the United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland and of Her other realms and territories Queen, Head of the Commonwealth, Defender of the Faith”.
    Ihr bürgerlicher Name ist Elizabeth Alexandra Mary Windsor.
    Außerdem ist Sie u.a. auch das Staatsoberhaupt von Australien und Kanada und leistete 1944 ihren Militärdienst ab in dessen Rahmen sie zur Automechanikerin und Kraftfahrerin ausgebildet wurde.
    Was es nicht alles gibt…

  • lasst uns mal reden. über arbeit. pt.3

    gestern abend war götz werner zu gast im radialsystem v. 1.000€ für jeden, so der reißerische titel der veranstaltung. mit dabei adrienne göhler, die lieber über die kulturgesellschaft geredet hätte als über die schmutzigen details des bedingungslosen grundeinkommens (BGE).

    Götz Werner im Gespräch mit Adrienne Goehler (April 2011)

    wir besucher seien alle oberschicht, nicht vom hubraum her, eher im kopf. wie anders ist es zu erklären, dass hunderte von leuten 10€ eintritt für eine podiumsdiskussion bezahlen, die nach knapp zwei stunden schon vorbei ist? göhler las aus werners buch vor, dann hielt er ein referat aus dem stegreif und am ende durfte das publikum putzige fragen stellen. zwischendurch wurde immer mal wieder an den unmöglichsten stellen geklatscht, nennen wir es den anne will-effekt.

    das thema selbst bleibt spannend, der abend lies mehr fragen offen, als er beantwortete und das war absicht. das bedingungslose grundeinkommen, die soziale absicherung für jeden ohne nachfrage. bedeutet nicht, dass niemand mehr arbeiten gehen braucht. bedeutet eher, dass nicht mehr jeder unterbezahlte scheiß gemacht werden muss. dass freiberufler und arbeitnehmer auch mal etwas ablehnen dürfen, dass nicht mehr überstunden um jeden preis geleistet werden müssen. dass zwielichtige geschäftmodelle untergehen werden, die auf lohn-dumping setzen, wie so manches callcenter. werner selbst schlägt erstmal 1000€ vor, über die höhe lässt er aber mit sich sprechen, menschenwertes leben soll möglich sein. wer mehr braucht, geht arbeiten. wem das reicht, kann andere dinge tun, sich selbst verwirklichen oder den ganzen tag fernsehen gucken.

    vor allem geht es werner um unser altes, verkrustetes denken, dass wir nur menschen sind, wenn wir einer lohnarbeit nachgehen. das will er bekämpfen, wir sollten aufhören, uns über unseren gehaltszettel zu definieren. denn schon jetzt gibt es so viel gesellschaftsstützende arbeit, die nicht oder wenig bezahlt wird und trotzdem unverzichtbar ist: kindererziehung, ehrenamtliches, haushalt, altenpflege. all das wäre auf einmal etwas wert. denn wir arbeiten immer für andere, der wert unserer arbeit wird von anderen bewertet.

    und es geht um das jetzige ungerechte und diskriminierende system der transferleistungen. wer schon einmal hartz4 beantragt hat, kennt das: demotivierte sachbearbeiter schnüffeln in der privatsphäre und vermuten betrug, verschleppen die bewilligung. das wäre auf einen schlag erledigt, eine ganze armee von beamten könnte sich ihren hobbys widmen.

    eine utopie? sicher.
    eine alternative? auf jeden fall.
    unbezahlbar? wohl kaum, schon jetzt leben 60% aller deutschen von transferleistungen aus den unterschiedlichsten töpfen. das geld ist da, bzw. muss es nur durch güterströme gedeckelt sein, wie werner berichtet. geld kann gedruckt werden, es muss dann aber auch ausgegeben werden, damit es funktioniert.
    ungerecht? unsinn, das jetzige system ist ungerecht.
    sozialismus? auch das nicht, es geht nur um eine neubewertung von arbeit. alles tun hat einen wert und sollte demnach auch anständig bezahlt werden. wir sollten aufhören, den leuten geld zugeben, damit sie zuhause bleiben und andere 40-60 stunden die woche arbeiten lassen.

    was auf jeden fall gestern abend klar wurde: das BGE ist keine antwort auf alle fragen, kein heilsversprechen, keine neue gesellschaftsform. eher eine anpassung an die veränderten lebens- und arbeitsbedingungen unserer welt.


    was bisher geschah: lasst uns mal reden. über arbeit. pt.1 und pt.2

  • Hier schreibt der Kulturpessimist noch selbst (#15)

    Symbolbild (Februar 2006)

    Tom König beschreibt auf Spiegel Online seine Einkaufserlebnisse mit viel zu großen Einkaufswagen. Und verrät ein offenes Geheimnis:

    Es geht eben keiner mehr dreimal die Woche zu Feinkost Habermann. Stattdessen bevorratet man sich lieber, möglichst für den ganzen Monat.

    Unser Einkaufsverhalten sieht anders aus: Drei bis viermal pro Woche zum Discounter, je nach Bedarf. Essen immer für ca. zwei Tage. Hab auch schon überlegt, warum: Es gibt kein Auto, das den Monatsvorrat nach Hause beamen könnte. Und wir müssten auch ziemlich lange fahren, um zum nächsten Feinkost-Delikatessen-Laden zu kommen. In die Wilmersdorfer vielleicht oder tief nach Mitte, vielleicht nach Zehlendorf. Im Wedding gibts derlei Lädens gar nicht.

    Ist ein bisschen monokulturell geworden, das Einkaufen. Im Grunde kann man sich zwischen 2-3 Discountern in der Nähe entscheiden, die sich nur minimal voneinander unterscheiden. Gut, die Handelsmarken sind jeweils ein bisschen anders verpackt, aber schmecken tut es überall gleich.

    wie sieht das bei der geneigten leserschaft aus?

  • das Gleiche vs. Dasselbe

    es gibt genau zwei arten von menschen: die einen, die auf dem unterschied zwischen den wörtern “das gleiche” und “dasselbe” beharren und die anderen, die ständig von ersteren ermahnt werden. wie kreuzzügler in heiliger mission wird da erbittert und mit ernster miene belehrt. dass es sehr wohl einen unterschied gibt und man doch bitte darauf achten sollte. da kennt der grammatiker keine gnade und wiederholt es in den unmöglichsten situationen. mein ureigenster versuch, das gespräch in solchen momenten ad absurdum zu führen, indem man beide begriffe wahllos verwendet und miteinander mischt, ist gescheitert. fundamentalistische grammatikaner sind leider völlig ironiefrei.

    aus einem forum:

    wie in der Mathematik (a = b) so auch in der Grammatik. Gleicheit, wie auch Ungleichheit setzt immer mehrere (in der Regel 2) Objekte voraus zwischen denen überhaupt ein Vergleich stattfinden kann. Das Wort selbst bezieht sich dagegen in seiner Wortbedeutung auf sich (Reflexiv).

    (tail-end) recursion im lidl am beispiel romanesco - september 2009

    das ewig selbe im immer gleichen also – oder:

    Projektionen finden sich daher auf unterschiedlichen Abstraktionsniveaus und Schöpfungsebenen. Sie dienen dazu, die Vielfalt und Kreativität des Bewusstseins zu erfahren und in allen Erfahrungen potentiell das Ewig Immergleiche als Ur-Grund allen Seins zu entdecken. (BUSAM, Renate: Projektion und Manifestation)

  • Regal – egal – scheißegal.

    lidl-regal, februar 2011

    ein regal im supermarkt, voll mit günstigem und überflüssigem. allein die zusammenstellung! prominent unten im bild: knusprige speckkrusten aka schweineschwarten in fett gebacken – damit vertreibt man jeden gast. rechts daneben brezeln, die schmecken wie salzstangen. darüber bad-spray und haselnuss-krokant, china-glücks-keske, weight-watchers-zeugs und ganz oben (nicht im bild) hunde- und katzenfutter.

    dies nur zur dokumentation. das römische reich ist untergegangen, weil alle nur rumlagen und weintrauben gefressen haben. wir werden bald aussterben, weil wir vor dummheit gar nicht mehr merken, was wir in uns reinstopfen. da kann auch die regal-bestückung egal sein.

    in tausend jahren werden intelligentere lebensformen unsere kassenzettel finden und nur mit dem kopf schütteln…

  • Wie wir leben werden: Unsere Zukunft beginnt jetzt

    interessanter beruf: zukunftsforscher. und spannendes buch. er stellt die these auf, dass wir uns zwar sehr gut die technischen möglichkeiten in der zukunft vorstellen können (und damit sehr oft daneben liegen), nicht aber die gesellschaftlichen. zwischendrin verwebt er seine überlegungen mit briefwechseln, das ist ganz nett. aber auch langatmig und aufgeblasen.

    [xrr rating=7/10]