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Das hier ist Wasser / This is Water: Anstiftung zum Denken

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2013-04-21 15.14.56

kleiner band mit einer rede auf deutsch und im englischen original. es geht um empathie. du bist nicht der nabel der welt, der mittelpunkt des universums, sondern du sollst dich in andere hinein versetzen. warum handeln sie so und nicht anders? warum argumentieren sie anders? vielleicht ist ein konflikt gar keiner, weil ich nur meine sichtweise sehe? die botschaft ist eindeutig: redet miteinander, denkt euch in den andere hinein und fangt an, selbst zu denken. ein schönes buch, gleich verschenkt.

[xrr rating=7/7]

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Kleines Mädchen mit komischen Haaren

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DFW: Kleines Mädchen mit komischen Haaren

im folgenden die einzelnen kurzgeschichten des buchs, wie gewohnt.

tiere sehen dich an
geschichte von einer langjährigen jeopardy!-teilnehmerin, die mit einer assistentin der show zusammen ist, immer wieder zeitsprünge in die vergangenheit der beiden, in die seelenwelten aller beteiligten und die raren zweisamkeiten in ihrem leben. verstörend.

kleines mädchen mit komischen haaren
verwöhnter und erfolgreicher jura-student aus gutem haus zieht mit abgeranzten punkern zu einem konzert. voll mit drogen und unanständigkeiten torpedieren sie die gesellschaft. dabei stellt sich zunehmend die frage, wer eigentlich asozial ist, denn der erfolgreiche student hat auch so seine macken… schöne parabel, witzig geschrieben und übersetzt, ein beispiel:

“Gropes Äußerungen gingen Gimlet zum Teil erheblich auf die Eier, sodass sie Mr. Wonderful bat, Grope ein Weh zu tun. Und so geschah es dann auch. Mr. Wonderful trat Grope voll in den Ranzen, er trug geeignetes Schuhwerk dazu […]”

john billy
ein kneipengespräch, erzählt wird die geschichte eines kleinstadttyps, der unerwartet auf öl stößt, die dorfschönheit bekommt und schließlich von einem neider richtig fertig gemacht wird. zum kneipengespräch stößt irgendwann die dorfschönheit hinzu, was ganz vorzüglich konstruiert ist, man kann es nicht anders sagen.

mein auftritt
eine schauspielerin muss zu david letterman, ihr mann bereitet sie dafür tagelang vor, meint es gut, macht sie aber nur fertig. dazwischen immer wieder xanax-konsum. am ende, in der show, ist alles ganz anders. düsterer blick in die maschinerie der medien, die – einem scheinriesen gleich – nur in den köpfen der protagonisten und zuschauer existiert. von ganz nah ist david letterman auch nur am schwitzen.

lyndon
die geschichte des lyndon baines johnson (LBJ) aus sicht eines (fiktiven) mitarbeiters, der sich hingebungsvoll und arbeitswütig bis zum bitteren ende um seinen chef kümmert, der seine homosexualität verstecken muss. eindrucksvoll, immer wieder mit offiziellen aussagen von LBJ, mit kennedy-attentat vietnam und 68er, eine zeitreise durch die geschichte der usa.

[xrr rating=7/7]

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In alter Vertrautheit

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…eine Auswahl von Short Storys aus dem 2005 auf Englisch erschienenen “Oblivion”. Ganz unterschiedliche Geschichten, weiter unten kurze inhaltliche Zusammenfassungen. Gemein ist ihnen, dass sie immer wieder die Gedankenwelt eines Erzählenden und/oder Handelnden nach außen kehren. Und zwar auf eine unnachgiebige, verzerrende, groteske Art und Weise. Viel komprimierter und destillierter als in den Romanen.

David Foster Wallace: In alter Vertrautheit

Mr. Squishy
ätzendes stück über den leiter einer produkttestgruppe, in dem viel marketing und statistik verwurstet wird, in dem der leiter seinen eigenen (existenziellen) gedanken nachhängt, sich anzweifelt und schließlich über effektive methoden nachdenkt, seinen auftraggebern mit vergifteten produkten maximal zu schaden. währenddessen klettert einer am hochhaus empor.

Die Seele ist kein Hammerwerk
absurd komisches stück über einen schüler, der bei seinen komplexen tagträumereien nicht den amoklauf des lehrers mitbekommt. er denkt tatsächlich in comic strip-artigen und aufwendigen handlungssträngen.

Inkarnationen gebrannter Kinder
verstörendes schnipsel über einen tragischen haushaltsunfall.

Noch ein Pionier
vertrackte erzählung von einem wunderkind in einem naturvolkdorf, eingebettet in eine nacherzählende rahmenhandlung. im grunde eine parabel auf den irrsinn der zivilisation und die macht des glaubens.

Neon in alter Vertrautheit
die stärkste geschichte, ein selbst ernannter heuchler ist in therapie und durchschaut seinen therapeuten. versucht, seine sämtlichen gedanken, metaebenden und womöglichen reaktionen des gegenübers zu erfassen und wieder zu geben. scheitert dabei an sich selbst und begeht schließlich selbstmord, erzählt und reflektiert auch dies ausführlich. am ende tritt mr. wallace selbst in die geschichte ein stellt einiges klar. verwirrend, aber oft nachvollziehbar.

[xrr rating=10/10]

siehe auch: Besprechung bei Mythopoeia (2009)

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Unendlicher Spaß

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Unendlicher Spaß Cover

Nun bin ich also fertig. Ein paar Tage schon, kann aber immer noch nicht meine Finger davon lassen. Zu groß ist die Versuchung, immer wieder zu blättern und neue Zusammenhänge zu finden. Ein bisschen wie in einem Puzzle. Denn eigentlich werden nur ein paar Wochen beschrieben. Und eigentlich müsste man den Ziegelstein noch mal von vorn beginnen. Das letzte Mal hat mich Ecos Foucaultsche Pendel so herausgefordert und gefesselt, da war ich 17 oder so.

Nach den beiden Einträgen zwischendurch nun also mein abschließender Kommentar: Es geht um Zwänge. Und zwar auf sämtlichen Ebenen. Neben Drogen- und Medikamentenkonsum und -missbrauch auch so abwegiges wie Putzzwang, den Zwang, Haustiere zu töten usw. in scharfen Beobachtungen, herrlich formuliert und wunderbar übersetzt, beispielhaft folgende Sätze:

“Diese Neigung zu verwickelten Abstraktionen nennt sich auch »Marihuana-Denken«, und apropos, das massivem Bob-Hope-Konsum folgende sogenannte Amotivationssyndrom ist eine Fehlbezeichnung, denn Kiffer verlieren nicht das Interesse am praktischen Funktionieren, sondern marihuanadenken sich in Labyrinthe der reflexiven Abstraktion hinein, die die schiere Möglichkeit praktischen Funktionierens infrage stellen, und die geistige Arbeit, hinauszufinden, beansprucht alle verfügbare Aufmerksamkeit und lässt den Bob-Hope-Raucher daher scheinbar lethargisch, apathisch und amotiviert dasitzen, während er sich in Wirklichkeit einen Ausweg aus dem Labyrinth erkämpft. Die den Cannabiskonsum begleitende überwältigende Naschsucht (der sogenannte Kiffhunger) könnte übrigens ein natürlicher Verteidigungsmechanismus gegen diesen Verlust des praktischen Funktionierens sein, denn es gibt ja wohl kein praktischeres Funktionieren als die Nahrungssuche.”
(Endnote (a) zur Fussnote 269)

Dabei beschreibt er neben der eigentlichen Sucht die Auswirkungen auf Nahestehende und vor allem die Gefühle und Auswirkungen beim Aufhören. Oft sitzen wir in Sitzungen der Anonymen Alkoholiker (AA – engl. Alcoholics Anonymous) und hören zu. Leiden mit. Auf eine so authentische Art und Weise, die ich selten zwischen zwei Buchdeckeln fand.

Und obwohl es um viele gescheiterte Existenzen geht, oft um den Bodensatz der Gesellschaft, führen diese selbstbestimmte Leben, sogar Poor Tony Kraus, die wohl tragischste Gestalt der jüngeren Literaturgeschichte.

Ich könnte noch viel mehr schreiben und vielleicht kommt auch noch was, man wird sehen. Muss es wohl noch mal lesen.

[xrr rating=10/10]