
Robert Seethaler:
Die Biene und der Kurt
erschienen: 2006 • ISBN: 978-3036959153 • Farbe: weiß
everything looks better in black and white
Ich erwachte auf meiner Schreibtischunterlage. Diesen Büroartikel mit dem Motiv »Strand von Waikiki« hatte mir eine geschmacklose Nenntante zu Weihnachten geschenkt. Abwaschbares Plastik. Jetzt hat meine Backe Schweißabdrücke auf dem Sandstrand hinterlassen. Schon wieder war ich eingepennt, mein Schädel noch immer im Jetlag.Und so geht das immer weiter und weiter. Ein Adoleszenzroman, ein Groteske, zwischen Wahn und Fiktion mäandert die Geschichte um den frischen Abiturienten Thomas Blume, der in die See sticht, dabei zeitreist, träumt oder zumindest betrogen wird – so genau erfährt es der Leser nicht. Oder vielmehr der Zuhörer – ich weiß nicht, ob dieses Buch auch gedruckt funktioniert, als Hörbuch/-spiel ist sie jedenfalls grandios, da Grebe selbst spricht, singt und Geräusche macht. Echt abgefahren, Bulgakow-esk, irre. Aber wenn man sich drauf einlässt, mitschwimmt auf des Autors Denken, dann erlebt man eine ungewöhnliche Reise, die so ganz und gar nicht pauschal ist. [xrr rating=10/10]
„Er hatte die groben Zusammenhänge begriffen und sah den Nutzen nicht. Diese fehlende Einsicht war übrigens eines seiner größten Probleme. Er war überraschend kritisch geworden während seines Studiums und hatte ein Gefühl der Ohnmacht des Kleinen vor dem ganz Großen mitbekommen. Die Lehre stand rechts und er stand plötzlich links. »Sich mit dem Kapitalismus zu beschäftigen, ist das beste Argument gegen ihn.« Bei aller schlechten Laune, fand er das einen sehr lustigen Zusammenhang.“Das Studium dauert aber ein bisschen. Er verliebt sich in Annabelle, die ihn nach vier Jahren wieder verlässt. Am Boden zerstört zieht er nach München und will bei BMW anfangen. Was auch sonst! Es folgt ein absurd-komisches Ende. Toll geschrieben und lebensnah. Und vielen Weisheiten innen drin:
‚Ist das etwa wichtig?‘ antwortete sie. ‚Sieh mal, mit diesem rostigen Nagel ist es wie mit so vielen Dingen. Von außen sagen sie nichts. Aber unter dem Rost verbergen sich Geheimnisse, von denen lange Zeit keiner etwas erfährt. So lange, bis jemand beginnt, an der Oberfläche zu kratzen und darunter die Wahrheit zu suchen. Und sei es auch nur seine eigene.‘