Erscheinungsjahr: 2017

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Jürgen (Hörbuch)

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jürgen dose weiß wie der hase läuft. mit allerlei klönschnack ist er bisher durchs leben gekommen, immer mit dabei: freund bernd würmer. nur mit der liebe ist das so eine sache. warum also nicht mit der windigen partnervermittlung nach polen, ins schöne wroclove? was soll schon schief gehen? allerhand. die situationskomik und flotten sprüche sind das herz des buchs, keine pointe zu flach, kein wortwitz zu peinlich, großartig. das hörbuch wird selbst gelesen von heinz strunk, so kommen die schrägen charaktere richtig zur geltung. es gibt auch einen film, mit strunk und charly hübner, auch sehenswert. und jetzt san frantschüssko und reingehört!

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Artemis (Hörbuch)

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andy weirs marsianer habe ich vor ein paar jahren verschlungen, das neue buch nun also als hörbuch. die menschheit hat es geschafft, eine kolonie auf dem mars zu errichten, die unterstützungsflüge starten von kenia aus (nähe zum äquator!). die protagnoistin ist auf dem mond aufgewachsen und wäre gern in der EVA-gilde, also jene, die ausseneinsätze absolvieren. nur leider schafft sie es nicht und muss also weiterhin transportaufträge mit kleinen schmuggeleien machen. viele geld wird ihrversprochen für einen sabotageakt, der später die ganze kolonie gefährdet. das buch ist strikt linear erzählt, es gibt zwar rückblenden und allerlei erklärungen, aber es geht nur vorwärts. es ist ein wirtschaftskrimi mit allerlei wissenschaft. denn wie im marsianer liegt in den physikalischen und astromischen erklärungen das herz des buchs. schweißen in der schwerelosigkeit? kein ding, gib einfach mehr sauerstoff dazu. die produktion von aluminium verbraucht zwar 80% unserer energie, aber als nebenprodukt erhalten wir den sauerstoff für die kolonie gratis. und so geht es weiter. es ist schauerlich präzise – ich habe keine rechte ahnung davon, aber es klingt plausibel – oder zumindest gut erklärt.

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Wir Strebermigranten

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Seit den 1950er Jahren kamen in die Bundesrepublik insgesamt ca. 2,5 Millionen Menschen aus Polen, vor allem Aussiedler, aber auch politische Emigranten der Solidarnosc-Zeit. (wikipedia)
Emilia Smechowski ist eine von ihnen, irgendwann in den achtzigern kam sie als kind. in der bundesrepublik ist sie aufgewachsen und erzählt davon. wie es war, fremd zu sein und lange nicht dazuzugehören. wie ihre eltern und die ganze generation dazugehören wollte und deutscher wurden als die einheimischen. das ist auch der grund, warum viele polnische migranten so unsichtbar sind, weil sie teilweise ihre identität verleugnet haben. aber – und das kann man in Smechowskis buch nachvollziehen – es ändert sich gerade und das ist auch gut so. das buch ist voll persönlicher andekdoten, teils schmerzhaft, teils absurd. und allgemeinem über migration. denn wenn wir eines lernen, ist das, dass migration und integration ein langer weg ist, selbst aus dem nachbarland. und dass wir zuhören müssen, jenen, die zu uns kommen.

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Der Boxer

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ein buch für das man sich die nacht um die ohren schlägt. weil sich die protagonisten ebenfalls die nächte um die ohren schlagen. im bordell bei ryfka, auf den straßen warschaus, bei boxkämpfen. meist zugedröhnt mit alkohol, drogen und adrenalin. die gangster sind jüdisch und sehen sich mit zunehmenden antisemitismus im noch jungen polen konfrontiert. es ist ein ungleicher kampf und nur in den jüdischen vierteln zu gewinnen.

die handlung orientiert sich an den sozialen und politischen verhältnissen der späten dreißiger jahre, unstabile regierungen, polizeigesetze, rechtsruck, dekadenz und armut machen es gangstern leicht, jüdische gangster allerdings geraten zunehmend unter druck.

im mittelpunkt der geschichte steht jakub shapiro, boxer und rechte hand des bosses. gewalttätig, agressiv, aber auch intelligent und rechtschaffen. ein frauenheld und guter vater. seine inneren und äußeren konflikte sind der treibstoff für das buch.

eingewoben in eine interessante und überraschende rahmenhandlung ist das buch schnell und gut geschrieben, aber nichts für schwache nerven. zudem orientiert sich der schreibstil an unseren sehgewohnhiten, der leser hat permanent das gefühl, im kino zu sitzen und einen mafiaschinken zu sehen.

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Die Hauptstadt (Hörbuch)

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ein buch über brüssel, den inneren machtzirkel, den apparat. wer jedoch eine beschreibung dunkler mächte erwartet, die die strippen hinter den kulissen ziehen, wird bitter enttäuscht werden.

es geht um die menschen, die in verschiedenen positionen in der verwaltung arbeiten oder zumindest teilnehmen. fein miteinander verworben sind die geschichten und menschen, einen mord gilt es aufzuklären, ein mörder taucht unter. in der kulturabteilung wird eine Jubiläumsfeier organisiert. ein schwein rennt durch die straßen brüssels. und es geht um ausschwitz und seine überlebenden.

scheinbar nebenbei wird die EU diskutiert, ihre geschichte, ihre berechtigung – wo sie herkommt und wo sie hinsoll. ein kluges buch, die handlungsstränge fransen ein bisschen aus, dafür essayistisch und stellenweise absurd komisch.

die hörbuchfassung ist gelungen, über 14 stunden werden nicht langweilig.

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QualityLand – (Hörbuch)

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Die Känguru-Hörbücher sind toll und man kann sie immer wieder hören, irgendwann schreibe ich auch mal was dazu. Das vorliegende Hörbuch jedoch geht in eine ganz andere Richtung und hat erstmal nichts mit den Geschichten über das vorlaute Beuteltier zu tun. Kling hat eine Dystopie entworfen, eine düstere Zukunftsvison in nicht allzu ferner Zukunft. Und wie in allen Dystopien wird zum einen die Gesellschaft, die Technik und die Entwicklung dahin beschrieben und zum anderen gibt es einen Protagonisten, der das System durchschaut und mit seinen bescheidenen Mitteln anfängt, es zu bekämpfen. Siehe auch Brave New World, 1984, The Circle et al. Die vorliegende Vision denkt aktuelle technische und gesellschaftliche Entwicklungen nur weiter und fügt sie in ein System eines totalitären Staates. Es gibt Scoring, persönliche Assistenten, Lieferdrohnen und selbstfahrende Autos. Es werden Begrifflichkeiten wie KI, Hackern, Algorithmen und Kybernetik erklärt und anschaulich dargestellt. Es geht um einen Präsidentschaftswahlkampf zwischen einem Androiden und einem reaktionärem Arschloch. Um Vorhersagesysteme und automatisierter Kriegsführung. Es werden moralische Fragen aufgeworfen und diskutiert, die wir eigentlich jetzt diskutieren sollten, bevor wir uns der Maschinenherrschaft unterwerfen. Die Story bildet jedoch der Normalo Peter Arbeitsloser, benannt nach dem Beruf seines Vaters und dessen Kampf um die Rückgabe eines unwerwünschten Produktes. Subtextuell begegnen wir auch dem Känguru in Form eines ausrangierten Persönlichen Assistenten und allerlei mehr Figuren aus der Trilogie. Denn ganz ablassen von schlechtem Wortwitz und absurden Situationen kann der Autor bei allem Ernst des Themas eben nicht. Und das macht das ganze Buch so symphatisch, dass es eben keine düstere Zukunftsvison ist, sonder prall gefüllt mit Ironie-Layern, Anspielungen und Andeutungen, sowohl auf aktuelle Diskurse als auch das eigene Werk. Lest dieses Buch, hört Euch das Hörbuch an, nehmt es in den Kanon für Schulen auf. Und bewertet es mit 10/10 Sternen, sonst kommen unangenehme Nachfragen.

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Wiener Straße (Hörbuch)

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nun also noch ein buch über das kreuzberg der 80er. frank lehmann räumt die stühle runter und putzt, karl schmidt kann die kaffeemaschine bedienen und erwin ist neben sich und bekommt einen bauch. sie sind alle künstler in der wiener straße, im café einfalt und in der arschartgallerie. ist schon offen? es sind vor allem die dialoge, die das buch antreibt, das lebensgefühl in der mauerstadt, deren politische realität ist nur randnotiz. man lebt vor allem, macht kunst und redet. und es sind die absurden figuren, so liebevoll und arschig sie auch gezeichnet werden, so viel wahres und reales steckt in ihnen.

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die idee ist alt, meist als filme realisiert (( vgl. Kieslowskis Drei Farben oder Smoking/No Smoking von Alain Resnais)): ausgehend von einer grundhandlung entwickeln sich mehrere geschichten, die in keinerlei beziehung untereinander stehen, zeitlich parallel ablaufen. in austers aktuellem buch ist es die geschichte von Archibald Ferguson, einem enkel osteuropäischer einwanderer. Archie wächst in in new york / newark der fünfziger und sechziger auf, ein mittelschichtkind. vier versionen seiner kindheit und jugend werden erzählt, schicksalschläge und schönes ereilen ihn, scheidung, unglücke, enttäuschungen, aber auch liebe und unverhofftes stürmt auf ihn ein. das ganze buch ist konstruiert, während des lesens sehnt man sich als leser nach dem großen diagramm, das auster sicherlich gemalt hat, um sich zu orientieren. gegen mitte und ende des buches sterben auch archies, sodass deren geschichten nicht mehr fortgeführt werden, entsprechende kapitel bleiben dann leer. viel sport wird thematisiert, der wegzug der giants aus new york (( bereits 1995 in Blue in the Face thematisiert, wo Auster am Drehbuch mitschrieb)), baseball, basketball, technisch allzu technisches wird erörtert und langweilt den deutschen leser. die liebe findet ihre verschlungenen wege durch die geschichten, reinkarniert in anderen. mal ist Archies schwarm seine stiefschwester, mal seine unerreichbare angebetete, mal die beste freundin. und homosexualität paris als sehnsuchtsort spielt mehrmals eine rolle, mal wichtiger, mal unwichtiger. die heimliche hauptrolle hat jedoch die literatur. das zieht sich durch alle lebensphasen aller versionen. da werden die kanons und zeitgenössichen werke durchdekliniert, dass es nur so kracht. weitere themen sind judentum, fotografie, familienbilder, erziehungsthemen. es geht um die die 50er/60er in den usa, politik spielt nur am rande eine rolle. meiner meinung nach austers stärkstes werk und hoffentlich nicht letztes. obwohl es sich teilweise zäh zieht, will man es zuende lesen.

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Mordor kommt und frisst uns auf

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Nach Hinter der Blechwand (2009) von Stasiuk ein ähnliches, und doch ganz anderes Buch. Hier reist ein polnischer Backpacker durch die Ukraine und erlebt mit verschiedenen Mitreisenden wilde Geschichten, die zu Gonzos destiliert, stark an Hunter S. Thompson und Jack Kerouac erinnern. Hinter den Sauf- und Absturzgeschichten verbirgt sich die Analyse der polnischen Geschichte, der Frage nach der Identität und Herkunft. Wieviel Polen, wieviel Europa steckt in der Ukraine? Die Geschichten triefen nur so von Alkohol, Potenzkräuterschnaps und kaputten Menschen und Städten. Aber sie erzählen auch von einer gespaltenen Beziehung beider Länder, die sich auseinander gelebt haben, wie ein altes Ehepaar und doch ähnlicher sind, als sie zugeben wollen.

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Der kategorische Imperativ ist keine Stellung beim Sex (Hörbuch)

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endlich wieder ein guter evers, mit vielen querverweisen zwischen den storys. das ist ja überhaupt das gute an den büchern: obwohl abgeschlossene geschichten, gibt es immer wieder überraschende momente, änderungen der perspektive, der erzählweise. verzerrte wahrnehmung und darstellung des alltäglichen ist evers große stärke. mit dem vorliegenden band ist es ihm wieder gelungen, unbedingt das hörbuch hören.

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Herr Schlau-Schlau wird erwachsen

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Ein Roman aus dem Pankower Florakiez über den Kiez rund um die Florastraße. Über einen Typ in den dreißigern, der noch bei den Eltern und zwischen Tausenden Büchern wohnt. Als die Eltern ausziehen und er widerwillig mit der Realität konfrontiert wird, gerät sein bisheriges Leben aus den Fugen. Der neue Nachbar Hupe ist Orjinal und kann nur berlinern, ein Lebenskünstler mit Antworten auf jede Frage. Es taucht eine neue Frau auf, die alles auf den Kopf stellt. Ständig ist irgendwas. Dazwischen sitzt man im Café Stilbruch, im Kiosk oder in der Kneipe in im Schrebergarten. Dort sitzen die Alt-Pankower und trauern alten Zeiten hinterher, haben sich in der neuen noch nicht zurecht gefunden. Der Kiez wird aufgewertet, auf den Brachen entstehen neue Häuser, meist Wohneigentum. Die Alten müssen weg, auch das ein bitteres Thema im Buch. Soweit die Story. Erzählt wird die Handlung in vielen kleinen absurden und gut erzählten Situationen. Mit viel schrägem Humor und ehrlicher Meinung. Das ist die Stärke des Buchs und trägt es auch bis zur letzten Seite. Denn leider wirken die Figuren, insbesondere der erzählende Hannes, etwas hölzern und eindimensional während er durch seine Geschichte stolpert. Pankow kommt gut dabei weg, der Leser stromert mit den Figuren durch den Kiez und einmal sogar in den nahen Wedding. Selten sind regionale Romane keine Krimis, hier kommt keiner um, nur ein Tier, aber das musste sein. Nur länger hätte das Buch sein können. Links: