Gefühlte Politik #2

Bankenkrise im Schillerpark, Juli 2006

die bankenkrise, dieses abstrakte ding, die inzwischen alle welt in ihren schmierigen fingern hält, diese bankenkrise also stürzt uns ins verderben? was noch vor ein paar jahren systemrelevant war, ist nun system selbst? das geht sogar soweit, dass man schimpft mit greiechenland, weil sie die demokratie wieder einführen wollen (immerhin haben sie die ja erfunden…)?

sie ist pervers geworden, die nachrichtenlage. beziehungsweise fällt nun so manches kartenhaus ein, was in den vergangenen jahrzehenten aufgebaut wurde. die dominanz der westlichen welt bröckelt. nur verschwindet sie nicht, sondern es wird sich gewehrt und gestrampelt und gekämpft, bis auch die letzte bürgschaft, der letzte hebel, der letzte regenschirm aus der zauberkiste der finanzinstrumente gezaubert wurde. doch all’ diese worthülsen bringen maximal aufschub, nicht heilung.

Bankenkrise im Dresdner Alaunpark im Mai 2008

vergleiche mit der weimarer republik machen die runde, ich wäre da vorsichtig. zumal die wirtschaftskrise damals gleich durchschlug auf die realwirtschaft – das ist ja heutzutage nicht der fall. noch nicht. und es gibt keine kriselnde demokratie. eher gibt es eine große verschwurbelte blase aus angeblichen parteien, die aber inzwischen dasselbe wollen und kaum noch zu unterscheiden sind. wahrscheinlich wirds eine große koalition mit steinmerkelmeier. mit mindestlohn, finanztransaktionssteuer und ohne atomkraft.

Bankenkrise im Berliner Wedding, Januar 2009

doch viel ändern wird es nichts, und dass ist auch der kern der occupy-geschichte (dazu bitte hier lesen) – es reicht vielen, so kann es nicht mehr weiter gehen. dass politik im hinterzimmer passiert, die bankenwirtschaft unverständlich, ausufernd und nahezu ohne kontrolle stattfindet. gerade jetzt ist es wichtig, mehr demokratie zu fordern, statt Papandreou auszulächeln.

der überstuhl. eine danksagung.

weißer plastikstuhl
weißer plastikstuhl im discounter für nur ein paar euros
der wohl meiste stuhl aller zeiten ist der weiße plastikstuhl. überall, wo man hin kommt ist er schon da. seine anfänge reichen bis in die frühen achtziger. er hat eine eigene website, eine hommage, eine liebeserklärung: functionalfate.org. und in der new york times stand das auch schon vor jahren. man muss ihn nicht mögen, ihm ist das wahrscheinlich total egal. er ist globalisierung und provinz in einem, er ist funktionalität und gebrauchsgegenstand. ganz sicher nicht ästhetik. aber wer kann schon von sich behaupten, noch nie auf einem gesessen zu haben?

“Der Kaffee schmeckt aber überall auf der Welt gleich”

…sagt einer, der es wissen muss: Er heißt Winter und reist drei Monate im Jahr quer durch die Welt um Starbucks-Filialen zu besuchen. Darüber gibt es inzwischen eine Doku und er schreibt seine Erfahrungen auch ins Internet. Da findet sich folgende kleine Begebenheit in Berlin am 20. Juli:

Still, with the extra time, I was able to finally try a massage from a genuine German, at a beauty salon a hundred or so feet from the Starbucks. Unfortunately, the therapist did not speak much English, and the experience turned out to be more mentally challenging that I would have preferred, trying to communicate what I wanted. I just don’t know the words for a lot of body parts in German–perhaps I should have made a list. Even with a list, there is always the danger of using the wrong word for a body part and offending the therapist or even ending up in a German jail. Even though prostitution is legal in German, I suspect the rules have technicalities, and that masseuses wouldn’t be any more receptive to that kind of thing than in any other country. I decided I wouldn’t get any more massages unless the therapist spoke more English. (Winter’s World Tour 2009)

(bei SPON gefunden, da steht auch das Zitat in der Überschrift)