849 Tage

die anstrengende diskussion mit dem älteren kollegen gestern auf dem sommerfest vom konzern. wir stehen auf der dachterasse und es gibt freie getränke. die sonne geht unter, dramatische wolken und sie skyline von berlin, aus den boxen ein beat. oft sind wir uns einig, aber seine haltung zu putin und russland ist anstrengend. die dikussion entgleitet, schweift ab, mäandert und kommt doch zu keinem punkt.
und jetzt, 24 stunden später, zweifel. ob es diesen rassismus gegen russen gäbe (das wort russismus verkneife ich mir). ob ich nicht genau so verblödet bin und infiltriert vom medienkartell. vom mainstream-haupstadt-journalismus-klüngel. slava ukraini nur eine erfindung des westens. dann wieder die erkenntnis, wie nah kiev, wie nah warszawa ist. die deutsche urangst vor dem russen.
vor 18 jahren lief ich mit dem knallroten hoodie vom flohmarkt mit den lettern Берлин rum. wir klebten ironisch paste-ups mit dem kopf putins an die berliner hauswände. dann krim, syrien, konflinkte in ehemaligen sowjetrepubliken. anderseits dostojewski, makanin, bulgakov, usw – es ist kompliziert.
849 tage sind inzwischen vergangen seit dem überfall, viel haben wir gelesen, könnten uns auf telegram unzensierte live-bilder anschauen, oft wurde der zusammenbruch der russischen armee prohezeit, wir können den frontverlauf verfolgen, es ist frustrierend. ewige diskussionen um waffenlieferungen, unklare und widersprüchliche meinungen.
aber auch nach längerem nachdenken bleibt es ein angriffskrieg und sollte zurück geschlagen werden. die kürzlichen friedensangebote sind vergiftet. wieviele menschenleben es bisher gekostet hat, ist unklar, schätzungen sind jetzt schon dramtisch und gehen in die hunderttausende – doch wofür?. der wiederaufbau wird jahre dauern, das leid wird noch länger in den menschen bleiben. generationen sind geschädigt.
und wir sitzen hier in unserem frieden und leisten uns meinungen, als wäre es ein ewig dauerndes fußballspiel.

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die hoffnung, das neue jahr würde besser werden als die vergangen, haben wir ende februar aufgegeben. die russischen bomben und soldaten in der ukraine bringen unendlich leid und zerstörung. wir schweigen, weil wir mit diesen dimensionen nicht umzugehen gelernt haben. vielmehr: wir sind in der priviligierten lage, keinen krieg zu kennen. oder anders: unsere arroganz hat uns bisher glauben lassen, krieg und tod sei weit weg. was irre ist, schließlich gab und gibt es noch kosovo, kurdistan, syrien, irak, … nun also aktualisieren und scrollen wir endlos durch die timelines, suchen nach antworten, finden lügen und fakes und doch keine lösungen. die geschichten der flucht berühren uns, die flucht der anderen vorher ging (und geht!) uns kaum noch an. es ist erschreckend und machtlos stehen wir vor den eigenen lügen der vergangenen jahre, keine hoffnung auf besserung. und weiter sterben menschen und existenzen werden vernichtet. in einem sinnlosen krieg, angezettelt von der russischen politik, es ist nicht nur putin – diese fokussierung auf ihn finde ich auch falsch. und die leidtragenden sind die menschen auf beiden seiten. beide länder in die vergangenheit gebombt und saktioniert.

die hilfsbereitschaft ist groß, spenden werden gesammelt und flaggen werden gezeigt. wenn auch so manches symbol geheuchelt wird, so ist es in der summe doch wichtig. wären wir noch religiös, könnten wir jetzt beten. so bleibt uns nur die demonstration von menschlichkeit und hoffnung.

fickt euch!

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eigentlich wollte ich nichts schreiben zu anti-amerikanismus, antisemitismus, rassismus und russenhass. aber es ist wohl nötig: hört auf, eure persönliche unzufriedenheit in geopolitischen und religiösen konflikten zu katalysieren. klar ist alles scheiße, was in der welt passiert. aber es hilft niemandem, wenn ihr die platten erklärungsversuche der medien noch weiter abstrahiert und längst überwunden geglaubte feindbilder beschwört.

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denkt nach und ignoriert propaganda, zeigt mit dem finger auf die hetzer, egal wo sie sitzen. die welt ist komplexer als dass man sie in gut und böse klassifizieren kann. schafft geheimdienste und rüstungskonzerne ab.

in diesem sinne: https://www.youtube.com/watch?v=rwj6SoWMfXQ

“Verdammter weisser Schrotthaufen! Hätte mir doch einen schwarzen kaufen sollen! Hätte auch besser zu mir gepasst!”

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stell dir vor, du bist berufspendler zwischen russland und ukraine und musst einen russischen konvoi aus hunderten lkws überholen. auch keine schöne vorstellung. allerdings könnte es sein, dass die berufspendler nicht mehr über die grenzen pendeln. überhaupt, wenn ich mir die bilder anschaue von den straßen und städten in der ost-ukraine (außer den kaputten) – soviel anders als bei uns siehts da auch nicht aus, wenn ich die mir jedenfalls anschaue, dann denke ich, mann ey, warum machen die das? ich meine, mal abgesehen von internationalem geplärre, wie muss es den einwohnern da gehen? abgeschottet, isoliert, der alltag geprägt von unsicherheit und angst. ich will hier gar nicht groß westliches und russisches eierschaukeln thematiseren. nur, dass es immer verlierer gibt, egal wer gewinnt.