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Schulden: Die ersten 5000 Jahre

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ein wichtiges buch. graeber, anthropologe und mit-initiator und vordenker der #occupy-bewegung, erklärt die sozialgeschichte der schulden und des kreditsystems. dabei holt er weit aus und untersucht diverse ur-gesellschaften. die these, dass nicht der tauschhandel am anfang war, hatten wir schon bei Sedláček ((Sedláček, Thomas: Die Ökonomie von gut und böse. München, Verlag Carl Hanser, 2012)) gelesen. nein, die kleinen gesellschaftlichen einheiten sind immer kommunistisch – wobei er diesen begriff im ursprünglichen meint. das heißt, dass wir untereinander nicht rational und ökonomisch handeln, sondern halt freundschaftlich, ihr kennt das.
graeber kommt unter anderem zu dem schluss, dass schulden und kreditwesen uralt sind und noch vor dem geld existierten. und auch eine moralische kategorie sind. aber er hinterfragt diese haltung auch und regt zum nachdenken an. denn schulden sind vor allem ein machtintrument. der schuldner unterwirft sich und der gläubiger stärkt seine machtposition. das wurde oft systematisch gemacht, schon immer, bis heute.

Was ist der Unterschied, ob ein Gangster eine Waffe zieht und von Ihnen 1000 Dollar »Schutzgeld« verlangt, oder ob er fordert, dass Sie ihm 1000 Dollar »Kredit« geben? In vielerlei Hinsicht ist es kein Unterschied, aber in einem Punkt doch. Wie im Fall der amerikanischen Schulden gegenüber Südkorea oder Japan macht es einen Unterschied, wenn das Machtgleichgewicht sich verschieben sollte, wenn der Gangster seine Helfershelfer verliert oder Amerika seine militärische Vormacht; dann könnte ein »Kredit« sehr anders behandelt werden. Er könnte eine echte Verbindlichkeit werden. Aber entscheidend dabei wäre immer noch die Waffe.

graber verzichtet auf verbesserungsvorschläge. wer nach antworten sucht, vergeudet womöglich seine zeit mit dem buch. wer aber nach den ursprüngen unseres denkens sucht, der sollte es lesen.

[xrr rating=7/7]

subtext: hier rezensiert Fritz Glunk das buch sehr schön.

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Letzte Helden: Reportagen

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wunderbare und ehrliche reportagen aus deutschland und anderswo. scherzer arbeitet in der eisenacher tafel mit und gibt essen an bedürftige aus, redet mit einigen und schreibt ihre geschichten auf. versucht nach tschernobyl zu reisen. und versucht helden der arbeit zu finden, also menschen, die in der ddr ausgezeichnet wurden für besonderen arbeitseinsatz. nicht ganz einfach, einige findet er, einige plaudern, viele nicht.

dazwischen immer wieder biografien von menschen, zeugnisse des scheiterns, des fremdseins. sehr oft arbeitslosigkeit, maßnahmen und verzweiflung, resignation. kein sehr aufbauendes buch, aber ein wichtiges. weil es um die menschen geht und ihre geschichten, nicht um geschichte.

scherzer schreibt sehr gute, handwerkliche reportagen, ein bisschen zu viel von sich selbst, aber das gehört auch eben irgendwie dazu.

[xrr rating=5/7]

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Die Welt ist nicht immer Freitag (Live-Lesung)

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erstaunlich, die älteren texte von ihm sind besser als die neueren. seine große stärke: scheinbar unscheinbare erlebnisse durch erstaunliche assoziationsketten dramatisch zu beschreiben, dabei nicht selten kleinere alltagsbeobachtungen zu erhöhen, um sie dann auf brachiale art und weise ihrer ursache-wirkungs-zusammenhänge zu berauben. wahnsinn. und darüber hinaus sind die einzelnen stories oft miteinander verlinkt, sodass mehrmals hören zu empfehlen ist. überhaupt ist evers hören besser als evers lesen, weil er immer so verschmitzt ironisch liest. wunderbar. hier ist am ende seine stärkste dabei, die geschichte mit dem nachtbus, in dem er immer einschläft. anhören.

[xrr rating=9/10]

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Der Wedding – Auf dem Weg von Rot nach Bunt

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bestes buch zum wedding bisher. voll mit kleinen details, schön flüssig geschrieben, muss man eigentlich auf jedem spaziergang durch den kiez dabei haben. dabei listet frau komander nicht nur die gängisten fakten auf, sondern hat auch viel neues heraus gefunden. toll. klare pflichtlektüre für jeden weddinger.

werde in den nächsten wochen noch ein paar erkenntnisse veröffentlichen, es bleibt spanndend…

[xrr rating=9/10]


dazu passen auch die folgenden veranstaltungen in den nächsten wochen:

  • 12.06.2011 | 12 Uhr | Architekturführung | Dr. Gerhild Komander: Bruno Taut und Mies van der Rohe. Bauten im Wedding | Müller- Ecke Schöningstraße
  • 16.06.2011 | 18 Uhr | Lesung | Dr. Gerhild Komander: Einmal mit Rieke Busch durch den Wedding ziehen… | Schiller-Bibliothek
  • 25.06.2011 | 13 Uhr | Wanderung | Horst Riewendt: Der Humboldthain, Grüne Lunge mit Geschichte | Humboldthain
  • 29.06.2011 | 18 Uhr | Dia-Vortrag | Dr. Gerhild Komander: 1861 – Wie Berlin zum Wedding kam | Schiller-Bibliothek
  • 30.06.2011 | 18 Uhr | Führung | Dr. Gerhild Komander: Rechts und links der Müllerstraße | Müllerstraße