Vor fast genau hundert Jahren entstand Groß-Berlin, das war die Ausdehnung der Stadt auf die Größe, die sich bis heute kaum verändert hat. Bisky hat sich also gewagt an eine Stadtgeschichte, weniger chronologisch oder historisch, eher erzählend bis anekdotisch. Daher heißt der vorliegende Ziegelstein auch Biographie. Auf über 900 Seiten ist viel Platz und den braucht man auch, trotzdem Berlin in Vergleich zu anderen Städten sehr jung und die frühe Stadtgeschichte eher langweilig ist. Bisky schafft es, jede Etappe historisch und politisch einzuordnen und neben den großen Entscheidungen auch Architektur, städtisches Leben, Sprache, Einflüsse, Kunst und Gesellschaft anzusprechen. Die Biographien großer und kleiner Berliner finden ihren Platz, sodass sich aus den Einzelschicksalen die Biographie der Stadt ergibt.
Wenn auch die Sätze manchmal etwas zu klotzig sind, oder seltsam verschraubt, sodass man sie mehrmals lesen muss. Wenn auch die jüngste Geschichte etwas zu aktuell ist – niemand ist frei von Urteilen und Bisky auch nicht, das hätte er weglassen können. Wenn man sich am Anfang durch die Friedrich Wilhelms quälen muss, es lohnt sich auf jeden Fall. Er hat ein schnell lesbaren Überblick über die Stadtentwicklung geschrieben und sich Zeit gelassen für die Details.
Notiz am Rande: Hier habe ich zum ersten mal bewusst über etwas gelesen, von dem ich Teil war und bin, ein Stück meiner eigenen Biographie sozusagen. So muss sich also dieses Altern anfühlen.