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Freiheit

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wie einst die korrekturen ist auch dieses buch ein großartiges. nicht unbedingt weltliteratur mit jahrzehntelanger nachwirkung, aber schon nah dran. es geht um eine familie der weißen mittelschicht in den USA. um ihre beziehung zueinander und zu anderen, zu ihren kindern, freunden, nachbarn. franzen spannt den bogen von den achtzigern bis ins jetzt und erschafft ein eigenes universum und am ende ist man irgendwie teil der familie und leidet mit patty, walter und richard und all’ den anderen plastischen figuren. daneben gibt es viele gesellschaftliche themen, gentrifizierung, umweltschutz, überbevölkerung, politik. die nicht nebenher abgewickelt werden, sondern immer auch teil der geschichte sind.

das alles in einer bewundernswerten sprache geschrieben, so leicht und überlegt, dass man neidisch wird (ich kenne nur die deutsche übersetzung), etwa heißt es:

Linda fühlte sich durch dieses Gespräch heftig angegriffen. Walter war noch nicht einmal ihr richtiger Nachbar, er gehörte nicht der Vereinigung der Hauseigentümer an, und die Tatsache, dass er ein japanisches Hybridauto fuhr, an dem er kürzlich einen Obama-Aufkleber angebracht hatte, ließ in ihren Augen auf Gottlosigkeit und Gleichgültigkeit gegenüber der Lage hart arbeitender Familien wie der ihren schließen, die sich krummlegten, um über die Runden zu kommen und ihre Kinder zu anständigen, empathischen Menschen in einer gefahrvollen Welt zu erziehen.

oder, ein paar zeilen weiter:

Ängste hingen wie eine Wolke Sandfliegen über dem Canterbridge Court; sie drangen via Nachrichtensendungen, Talkradio und Internet in jedes Haus. Viel Gezwitscher gab es auf Twitter, aber die tschirpende und flatternde Welt der Natur, die Walter beschworen hatte, als müsste sie den Menschen auch in dieser Situation etwas bedeuten, war eine Angst zu viel.

wer sich an solchen sätzen erfreuen kann und zeit und geduld für einen 700 seiten-ziegelstein hat, der ist hier gut beraten und wird es nicht bereuen.