Spannendes und zeitloses Buch über ein untergegangenes Land. Von einem der besten Reisereporter des letzten Jahrhunderts. Kapuściński (1932-2007) war unablässig in der Welt unterwegs, insbesondere in Südamerika, Asien und Afrika. Im vorliegenden Buch hat er seine Reisen in die Sowjetunion zusammengefasst.
Geboren in Pińsk, damals Polen, heute Weißrussland nahe der Grenze zur Ukraine, erlebt er als Kind die stalinistischen Säuberungen und den großen Hunger der dreißiger Jahre. Mitschüler verschwinden von Heute auf Morgen, das Essen wird knapp – alles aus Sicht eines Kindes. Ohne Vorwürfe und große Politik, nur verwundert. Die Familie zieht nach Warschau.
Mehrmals zieht es ihn in die Sowjetunion, in die Ukraine, nach Moskau, aber vor allem in die sibirischen Gebiete, in den asiatischen Teil des riesigen Reiches. Er verfolgt die Spuren der Deportierten, der Millionen Menschen, die in den Gulags verschwanden. Wir frieren mit ihm, fassungslos lesen wir die Beschreibungen der Bewohner, der Hinterbliebenen. Und erneut führt er uns vor Augen, was das kommunistische Regime in wenigen Jahren unbemerkt von der Weltöffentlichkeit vollbracht hat: Eine Tötungsindustrie von den Ausmaßen des deutschen Holocaust.
Er besucht die südlichen Sowjetrepubliken, größtenteils muslimisch, reich an Rohstoffen, dennoch arm. Augebeutet von Moskau und besetzt. Die Konflikte der Neunziger Jahre ahnt er bereits, es ist vorhersehbar.
In den letzten Kapiteln beschreibt er seine Reisen 1989/90 kurz vor dem Zusammenbruch der SU. Warum gab es keine Revolution, kein Blutvergießen?
Eindrucksvoll und absolut empfehlenswert.