Disclaimer: Das besprochene Buch wurde mir freundlicherweise vom Dryas Verlag zur Verfügung gestellt und ist Bestandteil von Blogg dein Buch.
Kein Reiseführer, nicht mal Reiseliteratur. Viel weiter geht das Buch und berichtet aus dem Alltag einer großen Familie in Bosnien-Herzegowina. Aus dem Blickwinkel der Autorin, die nach Studium in den USA nun in Deutschland lebt, aber ihre Herkunft nicht verleugnet, regelmäßig ihre Familie besucht und uns mit diesem Buch die Traditionen, Bräuche und Gefühlslagen ihrer Verwandten näher bringt. Es ist ein persönliches Buch, wir sind bei einer Hochzeit dabei, betrachten die Kriegsspuren in der Landschaft und in den Menschen. Sitzen mit am Küchentisch, trinken Kaffee und lassen uns von Baka, der Oma, die Welt erklären. Wir pilgern, erleben die Reaktionen des Dorfs auf eine uneheliche Schwangerschaft und fahren trotz aller Bedenken der Familie nach Sarajevo.
Die große Politik, Geschichte, der Krieg, die Flucht, all‘ das ist natürlich immer präsent, aber immer dezent im Hintergrund. Klar, hat der jüngste Krieg Spuren hinterlassen, vor allem in den Menschen, in den Männern. Frau Albrecht hält sich jedoch mit Meinung zurück, versucht nur zu berichten, so etwa:
Ihr Onkel sagt:
“Der Krieg ist beendet und wir werden Schritt für Schritt alles wieder aufbauen. Aber wer wo ist – die Aufteilung der Regionen durch die internationale Gemeinschaft – das bleibt nicht so. Der nächste Krieg wird kommen, das ist sicher wie das Amen in der Kirche. Weißt du, im Krieg ist es wie im Fußball: Nach dem Krieg ist vor dem Krieg.”
Darauf sie:
“… dachte ich über seine Worte nach und hoffte, mein verrückter Onkel möge dieses Mal nicht Recht behalten.”
Die Geschichte endet mit einem Ausflug zu einer Berliner BalkanBeats-Party. Wo Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft zu orientalischen und südosteuropäischen Klängen abgehen. Wo die Nationalität vielleicht nicht egal ist, aber zurück tritt und nicht so eng und stur darauf beharrt wird.
Und obwohl Frau Albrecht offenbar mit dem westlichen Bild des entspannten und lässigen Südosteuropäers (vgl. dazu bspw. den Film “Schwarze Katze, weißer Kater”) aufräumen will (will sie wirklich?), bestätigt und bestärkt sie das Bild: Alles wird mit einer Leichtigkeit genommen, die dem Mitteleuropäer manchmal fehlt. Nema Problema wird zum Imperativ und nervt die emigrierte Autorin so manches Mal. Andersherum ist die Verwandtschaft erschreckt ob der Verwestlichung ihrer Tochter – kein extra starker bitterer Kaffee am frühen Morgen? Kein fettiges Fleisch? Das ist wohl der Preis der Migration, dass man seine Wurzeln nicht abtrennen kann und sich gleichzeitig entfremdet. Und wird hier eindrucksvoll beschrieben.
Das Buch will nur berichten, nichts bewerten, verurteilen, besser machen. Und das macht es lesbar und zu einer Leseempfehlung.
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