Wir gehen dahin, wo es wehtut. Und dekadente Shoppingtempel stoßen uns gleichermaßen ab wie sie uns anziehen. Irgendwo hinter Spandau ist das große Outlet Center, schon ewig, die Betreiber haben bereits mehrmals gewechselt. Riesige Parkplätze umzingeln eine pitoreske Ansammlung kleiner Gebäude – ein Markendorf, das einer brandenburgischen Gemeinde um 1835 ähneln soll (( schrob die Morgenpost schon 2009)). Dabei sieht das Dorf eher wie Seahaven (( die Küstenstadt unter der Kuppel im Film Truman Show, 1998)) aus.
Dem geneigten Leser mag dies gruselig erscheinen – in Wahrheit ist es jedoch viel schlimmer. Menschen schieben sich an diesem Samstagnachmittag über die Promenade von Laden zu Laden, jeder bereits mit Tüten bewaffnet, auf denen groß die Labels zu lesen sind. Und diese Menschen sind die liquide Mittelschicht, sie gehen keinen prekären oder gar keinen Beschäftigungsverhältnissen nach, sie verdienen und wollen es zeigen. Das ist kein Berliner Durchschnitt, höchstens Steglitz und Speckgürtel. Man hört auch viel ausländisch und gruselt sich vor der Vorstellung, das dies ein fester Programmpunkt auf der Europareise sein könnte.
Entsprechend sind die Läden dann auch nicht H&M und C&A dm und Nanu-Nana (( vgl. dazu Marc-Uwe Klings dezente Innenstadtkritik Das Kettenkarussell)), sondern eher so Friedrichstraße, aber da kenn ich mich zuwenig aus. Dazwischen gibts auch Essen, der alten Shopingmall-Regel des Foodcourts folgend.
Doch was ist das eigentlich, ein Outlet Center? wikipedia weiß es besser: “Fabrikläden befinden sich nicht unbedingt in unmittelbarer Nähe der Fabrik.” Da wird Ware angeboten aus der letzten Saison oder das, was sich nicht verkauft hat. Zu reduzierten Preisen. Kann man nicht in den eigenen Läden machen, da man sich sonst die Preise kaputt macht (( in der Provinzstraße riecht es manchmal penetrant nach Essig von der Kühne-Fabrik, die haben auch einen Fabrikverkauf)). Das zielt auf den ureigensten Jäger- und Sammlertrieb des Menschen. Denn ein rabattierter Schuh schüttet vermutlich die gleichen Hormone aus wie ein erlegtes Mammut ((siehe dazu auch Thaler et al)).
Der Nike-Laden hatte ein technisches Problem, kurz wurde der Laden geräumt und eine Traube bildete sich davor.
Doch was meckere ich hier eigentlich so viele Zeilen lang? Ich war ja selber da und im Gegensatz zu Konsumtempeln in der Innenstadt stolpert man da nicht zufällig rein, sondern entscheidet sich bewußt für die Anreise (( es gibt auch einen Shuttle aus Berlin)). Irritierend und verstörend ist das Shoppingdorf aber schon, ohne dass ich das erklären kann – ob das an dem unreflektierten Shoppen liegt, an der Künstlichkeit, an dem Fehlen jeglicher Natürlichkeit? An dieser Stelle könnte auch Anti-Amerikanismus stehen – immerhin kamen Mall und Outlet über den Atlantik – denken Sie sich ihren Teil. Das Problem sitzt vermutlich tiefer und hat mit Gesellschaftkritik zu tun. Lassen wir das für Heute und freuen uns über diese Statue, einer Ikone des Konsumismus: