lou reed: ecstasy [april 2000]

gerade im archiv gewühlt und eine uralte rezension gefunden! damals geschrieben für die jugendseite einer regionalen tageszeitung… übernehme ich hier unverändert. man beachte den holprigen stil. urx. und man merkt, dass ich zu viel rolling stone las zu der zeit…

Der zynische Melancholiker gibt sich erneut die Ehre. Wer bei dem Titel an chemische Designerdrogen denkt, irrt gewaltig. Reed feiert in beinahe jedem Lied sehr exzessiv seine eigenen Depressionen und präsentiert uns seine Weltanschauung in sehr tiefgründigen Texten und mal laut, mal leise gespielten Gitarren. Bis kurz vor Schluss jongliert er geschickt mit Begriffen wie Zeit, verflossener Liebe, Tod und Ausweglosigkeit. Jeder der 14 Tracks ist eine kleine, aber tiefgehende Short Story. Wir erahnen eine erlebte Reise durch die düsteren Abgründe seiner Seele, in der Reed allerhand verlorenen Gestalten wie Crackheads und Intellektuellen, Engeln und Huren, Gefangenen und Aufsehern, verlorenen Kindern und gefräßigen Eltern begegnet.
Diese Odyssee findet ihren Höhepunkt irgendwo in den 18 Minuten von “Like a Possum”. In diesem schwerfälligen und gitarrenlastigen Inferno, das sehr an alte “Velvet Underground”-Schrammelgitarren erinnert, befindet sich Reed im seelischen Vakuum: total betäubt. Dieser Song sollte keine Minute länger dauern, denn in genau dem Moment, in dem die Rasierklinge kurz vor dem Handgelenk hängt, ist das Stück vorbei und das vielleicht hoffnungsvollste und letzte Lied beginnt. Die Erlösung. Wir schauen in den “Big Sky” und nichts kann uns mehr anhaben.
Ein typisches Lou Reed-Album eben, das uns zeigt, dass Reed mehr ist als sein “Perfect Day” auf dem Trainspotting-Soundtrack. Er ist nicht nur ein begnadeter Musiker, sondern auch ein perfekter Songwriter. Seine ganze Karriere lang hat er sich seine musikalische Kraft und Energie erhalten und hat diese voll und ganz in dieses Album gesteckt.
Diese CD empfehle ich allen verzweifelten, einsamen Herzen, die genug von pseudo-depressiven “Bubble Gum”-Texten haben. Exctasy ist hart, melancholisch und bitter, aber auf keinen Fall mitleiderheuchelnd. Wer aber auf kurzlebige und tanzbare Musik steht, sollte lieber alle Finger davon lassen, und Hals über Kopf aus dem Plattenladen türmen: Das ist noch Rock™n™roll, Lärm, mit dem man zum Glück aus dieser kranken Welt immer noch ausbrechen kann.

amazon-link: lou reed: ecstasy

jetzt mal alle herhören

Its one and the same, one and the same
No, its not the same
Its not supposed to be the same
You know about that way
The way they make you pay
And the way they make you toe the line
I’ve severed my ties
Oh, you’re so clever, you’re so clever
But you’re not very nice
So fuck forever
If you don’t mind
Oh I’m stuck forever
In your mind, your mind, your mind

hab ich schon mal erzählt, dass ich auf ihn total abfahre? ihn abgöttisch liebe und alles was er macht vergöttere? dass ich zum teenie werde, wenn ich ihn nur auf bildern sehe? dass ich versuche zu reden wie er und heimlich unter pseudonym in foren poste um ihn zu verteidigen? dass ich die hassliebe zu kate mit ihm teile und auch oft an drogen denke? dass ich mir einen hut kaufen will im sommer und mich so anziehen werde? dass ich seine texte übersetze und auswendig lerne und er der einzige mann ist, mit dem ich mir mehr vorstellen könnte, ihr wisst schon was….

und wofür das alles? dann hält er mir noch nicht mal einen platz frei bei seinem konzert heute abend. ausverkauft. die dumme sau!

empfehlungen des hauses:

das neue jahr dümpelt vor sich hin? neee, kaum haben wir unseren rausch ausgeschlafen, da reiben wir uns verwundert die augen. harte themen in den nachrichtenspalten und die veröffentlichten meinungen werden immer absurder. ich kann hier nicht alles kommentieren und will auch nicht zu allem meine meinung sagen. aber andere zu wort kommen lassen. das darf ich.
and here we go:

  • hagen rether beim scheibenwischer jahresrückblick 2007 (via)

    … mit kritik an der islamkritik. mit bitteren kommentaren zu unserem eindimensionalen denken.

  • dem schäuble sein chor

    ..macht gerade die runde. satire, professionell und vom öffentlich-rechtlichen zdf. also doppelt bemerkenswert.

  • der batz übers fernsehen, das sozialsystem und die medien

    …unbedingt lesenswert

  • der spiegelfechter über roland koch

    … so wird politik gemacht!

  • willsagen.de sieht einen zusammenhang zwischen flugzeugen und der umweltzone in berlin

    …und über 125.000 menschen stimmen für den erhalt dieses irrsinns. da bleibt nur kopf schütteln.


es gibt noch soviele themen und es bleibt spannend. mehr dazu in den nächsten tagen.

Hey little world! You know what you’re getting // Oh please little world! He’s kicking your head in // He’s got ’em all lined up and ready to go // They’re all lined up and I told you so // Hey little world! Back in the ocean again

gerade wurde ich auf über 30 geschätzt. an manchen tagen ein kompliment. heute voll daneben. denke ich doch schon die ganze zeit über mich und mein leben nach. nicht sehr schön, sag ich euch. vielleicht denke ich auch zuviel. aber alles im alkohol zu ersäufen bringt nichts. meine gedanken also, gedacht irgendwann anfang dezember im trüben jahr 2007:

wozu das alles im internet? liest ja doch keiner. bringt kein geld und bei jeder story fängst du von vorn an. feedback ist rar und die konkurrenz unüberschaubar groß. egal, was du machst im netz, es wird untergehen in der schieren masse. trotzdem macht die masse als ganzes das ganze (bessere) netz. es gibt einen schönen satz, der mir immer wieder einfällt: "…it symbolizes the hope and enthusiasm of an entire generation…". und deswegen poste ich meine gedanken auch jetzt und hier. weil es sicher irgendwen da draußen gibt, der genau das gleiche denkt. weil ich das jetzt denke, gerade zeit hab und mir nichts besseres einfällt. weil es zu kalt ist um rauszugehen und ich mich um das thema erbrecht drücken will (keine angst, ist nur vorbereitung für uni).

was wäre ich wohl internet, ohne die netten menschen, die ich hier kennen gelernt habe? ohne die ganzen tools, die seiten, die dienste, die mich jeden tag neu überraschen. die links! die ideen, die bilder und die texte. es summiert sich alles zu einem großen teil in meinem leben, auf den ich nicht mehr verzichten möchte. bin ich abhängig? womöglich. aber ich führe auch ein offline-leben. und, man glaubt es kaum, ich habe immernoch freunde.

die frage aber, die sich immer wieder stellt: willst du ewig so weitermachen? das internet lebt von neuen ideen, input, updates. es gibt keinen stillstand. der flow verlangt opfer. jeden tag, stündlich und steht niemals still. das ist gut, aber manchmal wünsche ich mir weniger tempo. denn irgendwann bin auch ich mal über 30 und komme vielleicht nicht mehr hinterher. ahh, egal, sicher ist dann sowieso alles zu spät…

[update:] nachdem ich jetzt zwei pizzen gegessen und einen kaffee getrunken habe, gehts insgesamt besser. war wohl doch nur der hunger. ich mach jetzt erbrecht. ideas anyone?

hab ich schon danke gesagt?

faust

grip
den ganzen tag habe ich schon diese faust im auge. ich überlege rum, formuliere in gedanken und jongliere mit worthülsen. erst wollte ich über die bedeutung der faust im antisozialistischen millieu lateinamerikas der jahrhundertwende schreiben. doch das erschien mir dann zu plump. es folgte ein auszug eines persönlichen gesprächs mit rio reiser. doch dem hatte ich ja versprochen, die texte unveröffentlicht zu lassen. sind auch überall rotweinflecken drauf. dann dachte ich mir eine besonders krasse story mit viel blut und so aus, doch das manuskript verschwand bei einem besonders gewitzten literaturagenten aus chile. deswegen das bild ohne großen kommentar. weil es eben so rockt!

[picture by 96dotsperinch (lizenz)]