kroatienlogs #1: hinfahrt

man sagt, man vermisse das am wenigsten, was man am meisten hat. europa zum beispiel. es ist möglich, kreuz und quer über den kontinent zu reisen ohne eine einzige grenzkontrolle. ohne visa, ruppigen beamten und durchsuchungen. die einheitliche währung und ein gemeinsamer wirtschaftsraum sind heute nicht mehr wegzudenken. vor gut 25 jahren sah das noch ganz anders aus. die bürokratie in brüssel, die heterogene außenpolitik der europäischen regierungen, die faschistische einwanderungspolitik, die innereuropäischen wirtschaftsprobleme sollen, so elementar und wichtig sie auch sind, ein andernmal thema sein. konzentrieren wir uns heute und in den folgenden tagen auf kultur, länder und leute.

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bayern fühlte sich an wie bayern sich anfühlen will. weil die reise nach kroation in einem tag zu beschwerlich gewesen wäre, haben wir am chiemsee übernachtet. zu sehen gabs nicht viel, außer dem drohenden alpenmassiv. am nächsten tag gings ganz früh weiter richtung villach in österreich. die vignetten hatten wir uns vorher besorgt.

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es folgte eine tour de force über die alpen mit dickem stau, ewigen tunneln und nervigem regen. die tauernautobahn und der karawankentunnel waren hoffnungslos verstopft, ganz nordeuropa zog es in den süden. wir haben viel zeit in den alpen verbracht ohne auszusteigen oder die schönheit des massivs zu bewundern. wahrscheinlich ist man vor hundert jahren schneller über dieses gebirge gekommen.

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durch slowenien sind wir durchgefahren, da hat es auch nur geregnet. an der grenze zu kroation dann die überraschung: obwohl seit 2013 EU-mitglied, gibt es noch grenzkontrollen. ungewohnt zwar, aber die beamten hatten nur einen müden blick für die ausweise.

nach 11 stunden fahrt für rund 500 km waren wir zu kaputt, um noch irgendwas anzuschauen.

occupy campingplatz

Jede Geschichte, auch diese Geschichte vom Caravaning, ist eine Geschichte des Klassenkampfs. Nur dass sich hier die gesellschaftliche Demarkationslinie zwischen den Zelten und den Wohnwagen materialisiert. Eine Woche Urlaub in einem Wohnwagen auf einem polnischen Zeltplatz ersetzt ein Semester Soziologie, den Schein gibts an der Rezeption.

Unser Wohnwagen ist über zwanzig Jahre alt und gehörte einer – Achtung! Klischee! – niederländischen Familie und nun der schönen Mitbewohnerin ihren Eltern. Er ist weiß, wie überhaupt alle Wohnwagen (( Offenbar bin ich nicht der einzige, der sich diese Frage stellt. Die Antwort hier, banal, ihr ahnt es: Kosten, Hitze, blabla)) und es gibt einen gigantischen Zeltvorbau. Im Wohnwagen selbst ist viel Platz zum Schlafen und Verstauen, nur nicht zum Bewegen. Es gibt eine Nasszelle mit Chemieklo, ein Kochfeld mit Gas, Strom, einen Kühlschrank, einen Fernseher.

Perfekt ausgestattet also, nur fließend Wasser fehlt, das muss vom Hahn geholt werden und das Trinkwasser wird im Laden gekauft. Duschen und Klos sind nicht weit, nur warmes Wasser gibt es nicht oft. Dreckiges Geschirr wird auch woanders abgewaschen und so besteht der Tag aus Hin- und Herlaufen und auf den Wegen herrscht geschäftiges Treiben, weil es allen so geht. Dazwischen Rad fahrende und spielende Kinder. Abends Stimmengewirr und Feierlaune. Wer Ruhe sucht, sollte nicht auf einen Campingplatz fahren. Rumliegen und Nichtstun kann man in einem All-inclusive-Cluburlaub, hier wird geschafft und Alltag en miniature gespielt. Unter ständiger Beobachtung, denn Privatsphäre gibt es nur im Wohnwagen, und da ist notorischer Platzmangel. Also akzeptieren, dass jedes Tun nicht unbeobachtet bleibt.

Uns gegenüber wohnt ein veraltetes Ehebärchen, die einen Großteil des Tages vor ihrem Wohnwagen verbringen, stricken und reden. Zwei Monate des Jahres sind sie hier, seit 20 Jahren. Das ist Kontinuität. Sie kennen jeden, quatschen mit jedem. Neuzugänge betrachten sie mit Argwohn. Wenn einer aus der Reihe tanzt, wird er schon mal angeschwärzt bei der Verwaltung, Ordnung muss sein. Kann ja nicht sein, dass einer nach 24 Uhr noch Spaß hat. Das sind zum Glück die einzigen Kleingartennazis, ansonsten viele Familien mit noch mehr Kindern und entspannten Eltern. Im Großen und Ganzen kann man tun, was einem beliebt. Nur bleibt das eben nicht unkommentiert.

Mit denen, die nur ein Zelt habe, hat man nichts gemein, die trifft man nur am Strand und im Wassertrakt, erkennbar am mitgebrachten Wasserkocher, so ein Zelt hat eben kein fließend Strom.

Und nun die Antwort auf die brennendste aller Fragen: Was passiert mit dem Inhalt von einem Wohnwagenklo? Es muss ausgeleert werden, per Hand sozusagen, auf einem kleinen Wägelchen rollt man zur speziell dafür vorgesehenen Anlage…

berlin, deine kieze

wo können klischees besser ausgelebt werden als in der photographie? eine dokumentation der ressentiments…

An einem Sonntag in der Oderberger (Mai 2010)
An einem Sonntag in der Oderberger (Mai 2010)
An einem Sonntag in der Oderberger II (Mai 2010)
An einem Sonntag in der Oderberger II (Mai 2010)
Jazz im Bürgerpark (Mai 2010)
Jazz im Bürgerpark (Mai 2010)
Hinterhof im Wedding (Mai 2010)
Hinterhof im Wedding (Mai 2010)
Hinterhof im Wedding II (Mai 2010)
Hinterhof im Wedding II (Mai 2010)
Ordnung in Charlottenburg (Mai 2010)
Ordnung in Charlottenburg (Mai 2010)
Strandbar in Mitte (Juni 2010)
Strandbar in Mitte (Juni 2010)
Aufwertung in Prenzlauer Berg (Juli 2010)
Aufwertung in Prenzlauer Berg (Juli 2010)

Warum 2010 nichts mehr wird

nach einem harten winter, einem zu kalten frühling, einem zu heißen sommer, einem lausigen dritten platz im fussi, einem schröcklichen präsidenten, dealenden kindern, missbrauchten kindern, toten ravern, gestressten banken nun auch noch wespen. können wir bitte das jahr 2010 nochmal neu starten?