Die Geschichte der Menschheit beginnt irgendwo in Brandenburg. Da können die Anthropologen auch zetern und schimpfen, die Spuren sind eindeutig und führen zwangsläufig in die märkische Provinz.
Das kann jeder bestätigen, der schon mal mit dem Regio quer durch das dünn besiedelte Bundesland gefahren ist. Große Teile sind versteppte, menschenleere Gebiete. Wahrscheinlich wohnen auch mehr Paarhufer in Brandenburg als Homo sapiens sapiens. Geprüft habe ich das nicht, denkbar ist es aber auf alle Fälle. Langsam geht die Märzsonne auf, die Felder sind noch vom letzten Frost bedeckt und werden in ein saftiges Gelb getaucht. Die Bahnhöfe sind leer. Niemand will zur Arbeit, nur ein paar Unbelehrbare wehren sich gegen den Trend und tun zumindest beschäftigt. Während die gesamte Menschheit im 21. Jahrhundert lebt, ist die Zeit stehengeblieben hier. Bäuerliche Strukturen bekämpfen jedes neue, ohne zu merken, dass sie gerade selbst aussterben…
So zumindest das Klischee und damit muss auch mal gut sein. Brandenburg-Bashing ist ja wohl das allerletzte und seit Reinald Grebe auch durch. Und das war schon 2006.
Die Wiege der Menschheit also soll hier sein, zwischen Lübben (Spreewald) und der Uckermark. Zwischen dichtem Nadelwald und Birkenhainen. Mitten im märkischen Sand, haben sie gelebt, die ersten Hominiden, noch ganz benommen von der Menschwerdung. Taumelnd und im Kopf das Bild von leckeren Bananen sind sie umhergestreift auf der Suche nach Nahrung. Doch sie fanden – nichts. Gut, ein paar Beeren vielleicht und ab und zu auch mal einen Bären (aus Polen eingewandert!). Aber im Großen und Ganzen war es schon echt hart, das Leben vor tausenden Millionen Jahren in Brandenburg. Dazu die Wölfe und am Wochenende die ausflügelnden Berliner (die – im Übrigen, der Leser ahnt es bereits – evolutionstechnisch natürlich weit hinter den Brandenburgern rangierten, damals wie heute. Sichtbarstes Zeichen: Die Berliner bauen sich beispielsweise phallusartige Gebäude, verehren damit ihre Götzen und sind die ganze Zeit selbstbezogen. Aber auch sie haben ihre Berechtigung. Nämlich als Darwinistischer Gegenentwurf zum Brandenburger Idealmenschen.).
Wie nun kommt es aber, dass wir in der ganzen Zeit keine Spuren der Menschwerdung in Brandenburg entdeckt haben? Warum gibt es kein entsprechendes Museum in Vetschau, in dem wir sorgsam hinter Glas deponierte Schädel der ersten Märker bewundern können? Nun, an dieser Stelle streiten sich die Wissenschaftler und nennen es den Missing Link. Verschiedene Theorien konvergieren miteinander und widersprechen sich. Tatsache ist, dass wir es mit einer starken Bewegung westwärts zu tun haben. Schon zu Urzeiten sind die Menschen aus Brandenburg weggezogen und nur diejenigen blieben, deren Überlebenschancen überdurchschnittlich waren. Auch das ein Grund für die Selektion nur der besten Gene. Eine zweite Theorie spricht von einem Meteoriten, dessen Spuren auch heute noch zu sehen sind: Davor war Brandenburg von massiven Gebirgsketten inklusive Gletschern überzogen (historische Ansichtskarten bezeugen das). Und heute sehen wir nichts mehr davon! Unendliche Weiten, wohin das Auge reicht, als hätte eine riesige Eisplatte darüber hinweg geschrammt (mit Verlaub, ein sehr abwegige Theorie).
Sicherlich gibt es noch weitere Ansätze und Erklärungsmodelle, wir wollen uns hier aber auf die gängigsten beschränken. Als kleiner Bonustrack bleibt mir nur noch der Hinweis: Verbindet man alle Orte über 100 Einwohner in Brandenburg auf einer Karte miteinander, kommt ein lustiges Bild bei raus. Viel Spaß damit.
regionalbahn
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Von der Menschwerdung
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Zug um Zug im Zug
Gestern im Regio: Prof. Dr. Felsner (Institut für Mathematik TU Berlin) spielt Mafia mit Studenten.
Was am Anfang wie Beschäftigungstherapie für arbeitslose Soziologen aussah, entwickelte sich mit der Zeit doch sehr spannend. Hat reichlich lange gedauert und wurde immer unterbrochen durch Diskussionen, die sich als viel wichtiger heraus stellten für das Spiel als die eigentlichen “Züge”.
Und nun will ich das auch mal spielen. Wer hat Lust?
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neulich im regio…
> du hast dein handy dabei?
> ja, ich schau’ grad’ mal, ob ich hier empfang habe.
> und?
> ja, hab ich.
> willste jemanden anrufen?
> nein.
> ruf’ doch mich an.
> warum? du sitzt doch neben mir.
> warum nicht?
> …
> dann seh’ ich, welchen klingelton ich habe. -
isch steh’ im tagesspiegel, ey!
und zwar genau hier. aber angenehm war das nicht, ditt könnt ihr mir globen. das krisenmanagement der deutschen bahn war jetzt auch nicht so großartig, immer wieder rinn in zug, raus, dann sollte angeblich ein schienenersatzverkehr mit bussen eingerichten worden sein, stattdessen gings nach einer halben stunde wieder in den zug. und dazwischen das schlecht gelaunte brandenburgische publikum, spaß geht jedenfalls anders. immerhin habe ich den bahnhof in luckenwalde kennen gelernt, hat auch was. am ende hatten wir dann vier stunden verspätung, auch nicht schlecht. zum glück habe ich nur den polizeiruf verpasst…
interessant zu wissen:
Eine bestimmte Schokoladensorte fällt beim Röntgen durch die Spezialisten regelmäßig als sprengstoffverdächtig auf.
[nachtrag:] im oktober kam es in luckenwalde zu einem bösartigen gaunerstück:
“…entwendete ein 30-jähriger Besucher in einem Restaurant […] Chilischoten eines anderen Gastes.”
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Realitätsverlust
Gestern in der Regionalbahn der Grausamkeiten: Hinter mir eine Horde bayerischer Punks, auf dem Weg in die Punkhauptstadt Berlin. Mit Kasettenrekorder und passender Musik. Neben mir ein Freak, der ständig seinen Rubikwürfel löst und immer wieder neu verdreht. Und dazu Sven Regeners kleiner Bruder, in dem Frank nicht den Unterschied zwischen Hippies und Punks erkennt oder erkennen will. Der Bahnhofskiosk in der kleinen Stadt hatte geschlossen und so saß ich ohne Bier im Zug. Die Punks hatten natürlich welches und Frank und seine neuen Freunde trinken auch ständig. Schultheiss zwar, aber was solls. Irgendwann kam dann ein Punk an und schnorrte Zigaretten. Blieb beim Rubik-Freak stehen und starrte zehn Minuten auf dessen Zauberkünste. Derweil schleppen Frank und Karl den Dr. Votz-Bassisten Martin durch das nächtliche Kreuzberg. Die Punks stiegen dann am Südkreuz aus, wobei sie den Zug geschlagene drei Minuten aufhielten, weil sie es verpeilt hatten. Einer von ihnen musste heute zur Schuldnerberatung, ob er es geschafft hat mit dem Aufstehen? Wir wissen es nicht. Der Rubikwürfel ist sicher schon wieder gelöst und in Kreuzberg dämmert es bereits…
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neues vom bürger in uniform
Schön muss es sein, nach einer Norm
Soldat zu sein in Uniform!
Und gehst du dann die Straße lang,
sehen dich schöne Mädchen an.
Doch im Krieg, da macht es BUMM
und sie schießen schöne Mädchen um.
Schön muss es sein, nach einer Norm
Soldat zu sein in Uniform!
[ZK]von einem bundeswehrsoldaten, der auf dem bahnhof rumballert und im regio an seiner waffe spielt. trottel. jetzt kümmern sich feldjäger um ihn. warum brauchen wir eigentlich noch eine armee? wenn schon wehrpflicht abschaffen, dann bitte auch die ganze bundeswehr. null toleranz.
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neues aus der stauferstadt
morgen früh gehts endlich los. ich bin schon ganz hibbelig:
…
und das lohnt sich! denn auf dem weihnachtsmarkt in bad wimpfen gibt es jetzt auch schnee:
…
und wichtig auch zu wissen: bad wimpfen ist eine jener 300 städte mit besonders historischen altstädten, die die ZEIT letzte woche auswählte.
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angesagt
Guten Tag meine Damen und Herren, das Bordpersonal begrüßt Sie herzlich im Regionalexpress der Existenzängste über Depression und verpasste Chancen Hauptbahnhof.
Unsere fahrplanmäßige Ankunft wird auch Ihr vorläufiges Ende sein. Sie haben Anschluß an die Züge nach Todesangst und Soziales Elend. Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass der Zug nach Hoffnung ersatzlos gestrichen wurde und nicht wie geplant fünf vor zwölf abfahren wird. Wir entschuldigen uns schon jetzt für diese Unannehmlichkeit.
Im mittleren Teil des Zuges finden Sie ein reichhaltiges Angebot an kalten und warmen Krisen. Schauen Sie nicht aus dem Fenster und steigen Sie nicht zwischendurch aus. Rauchen Sie nur, es wird Ihnen nichts nützen. Und bitte beachten Sie das allgemeine Gesprächsverbot mit den Mitreisenden.
Wir wünschen Ihnen eine angenehme Reise und hoffen, Sie schon bald wieder in unseren Zügen begrüßen zu dürfen.
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keine provinzposse
da ist man ein paar tage weg, in der mitteldeutschen provinz. ganz ohne internet und mail. man fährt stundenlang mit dem regio durch landschaften und überall siehts gleich aus. die mitreisenden nerven, weil es meist nur halbstarke bundis oder gewaltbereite omis sind und die bahnhöfe werden immer trostloser. man denkt über den hundertsten artikel über die provinz nach. formuliert sätze im kopf. wird sarkastisch und bitterböse. wieder zuhause wird das nichts mehr aus der satirischen abrechnung mit dem landleben. weil der feedreader überquillt, die mails schon überlagert riechen und auf beantwortung warten oder ein fußball-em-finale um aufmerksamkeit buhlt. und ein paar tage später hat man dann keine lust mehr. und die sonne lacht draußen. und man hat keinen arsch in der hose um ICH zu schreiben, sondern schreibt nur noch MAN.
so geht das jedenfalls. heute ist dienstag. im juli. draußen ist sommer. und hier drinnen arbeit. ich wünsch euch was. genießt es. ich mach dann mal weiter.