Angeschaut und Nachgedacht

Seit einiger Zeit hat sich im deutschen Fernsehen die Realität breit gemacht, sich mit ihrem fetten Hintern auf die Sofas der Republik gesetzt und nascht nun Chips vom Fliesentisch. Jeden Tag können wir den ganz normalen Alltag erleben von meist unterschichtigen Menschen mit ihren Sorgen und Nöten und Frustrationen. Doch über Politik spricht niemand und wenn, dann meist nur über Hartz und “dass die da oben sowieso alle machen was sie wollen”. Ist das die Stimmung in Deutschland? Kann man die Politikverdrossenheit und wirtschaftliche Lage anhand von RTL2-Formaten messen? Sind sie ein Spiegelbild von uns selbst oder bleiben sie ein Zerrbild der Wirklichkeit? Oder sind die Protagonisten nur eine Minderheit, die auch mal ins Fernsehen wollen? Jedenfalls kann Peter Zwegat nicht allen helfen, auch wenn er vielleicht den Eindruck vermittelt. Und im Hintergrund schreit der neoliberale Gedanke: Unter diesen Voraussetzungen macht eine Diskussion über das bedingungslose Grundeinkommen doch gar keinen Sinn. Heraus geschmissenes Geld, Fütterung von Sozialschmarotzern!

Doch vielleicht betrachten wir das alles vor dem Hintergrund der falschen Prämissen. Wir bekommen nur das Fernsehen, was wir selbst auch sehen wollen. Sonst würden schließlich die Einschaltquoten von arte höher sein. Die Gesellschaft verfault also von innen und wir schauen genüsslich dabei zu, ohne zu merken, dass wir selbst längst Teil geworden sind und gleichsam verfaulen. Woanders krepieren Artgenossen, weil sie nichts zu fressen haben oder sie leben zumindest auf einem viel niedrigerem Niveau. Wir haben uns längst daran gewöhnt und damit abgefunden. Ist halt so. Kann man nix ändern, was kommt heute eigentlich im Fernsehen?

Ich bin kein Gutmensch, mein Strom wird aus Atomen gemacht und mein Müll landet eher gar nicht getrennt auf der Deponie. Mein Beitrag zur Erhaltung der Menschheit beschränkt sich auf Energiesparlampen und das Wasser abzudrehen während dem Zähneputzen. Doch das wird nicht reichen, das wissen wir selbst. Irgendwann wird es krachen. Nur weiß keiner, wie und wo und wann. Doch es lodert schon an allen Ecken und Kanten dieser unserer Welt. Bürgerkriege, Krisen, Epidemien – alles Vorboten des Untergangs? Oder kommen wir noch einmal mit einem blauen Auge davon?

Warum schreibe ich diesen Wust aus Altbekanntem? Nun, immer wenn du denkst, dein Weltbild gleicht dem aller anderen, dann kommt irgendwer daher gelaufen und beweist dir das Gegenteil. Gerade erlebt bei dem Film Heimatkunde von Martin Sonneborn – da denkst du, die Spaltung von Ost und West ist endlich mal vorbei und in den Köpfen gibt es nur noch ein Land. Doch weit gefehlt, in seiner sechswöchigen Reise rund um Berlin erleben wir mit ihm die Spaltung der Gesellschaft, als hätte es eine Wiedervereinigung nie gegeben. Es ist so frustrierend, dass es nicht mal mehr witzig ist. Aber wahrscheinlich ist das der Grundgedanke der Wahrheit: Sie weicht meist vom eigenen Gedankengebäude ab und tut weh.

Was ist also zu tun? Wieder einmal: Weniger Fernsehen, Müll trennen und endlich mal darüber nachdenken, wie wir eigentlich leben wollen in 10, 20, 50 Jahren.

ho! ho! wählen gehen!

Heute kam der Stimmzettel für die Europawahl, ich bin ja mehr so der Briefwähler. Und weil die Volksparteien komische Sachen machen und nicht wählen auch Stulle ist, gilt diesmal: kleine Parteien unterstützen. Zum Beispiel die Piraten! Arrr! Arrr!
Deren Ziele lesen sich schon erstmal gut: Informationelle Selbstbestimmung, keine Patente auf Lebewesen oder Gene. Modernisierung Urheberrecht, mehr Transparenz, Open Access in der Wissenschaft. Alles Punkte, die wichtig sind.

Klar, man könnte nun vieles dagegen halten und kritisieren, dass vieles fehlt. Doch es ist eine junge Partei und die Tendenz stimmt…

Also wählen gehen, wen auch immer! Ho! Ho!

Tatort: Amoklauf (1993) – Stoever & Brockmöller

Früher mochte ich mal die Tatorte mit Manfred Krug und dem Opa. Wenn ich sie allerdings jetzt sehe, dann wirken sie seltsam antiquiert und verstaubt. Selbst die Witze sind nicht mehr lustig. Dieser Tatort thematisierte schon früh ein noch immer aktuelles Thema: Eine Schlepperbande schleppt Kurden nach Deutschland und die türkische Geheimpolizei sieht das nicht gerne. Dies ist wahrscheinlich der schnellste Tatort der beiden Hamburger Ermittler, trotzdem zieht er sich gähnend lange in die Länge.

Was man auch merkt: jetzige Tatorte sind viel schneller, die Ermittler sind jünger. Dementsprechend haben sich auch die Drehbücher (mehr Action! mehr Schusswaffengebrauch!) und die Kameraschnitte (schneller! kürzer!) geändert.

[xrr rating=2/7]

Erstausstrahlung: 03.01.1993 +++ Link

Tatort: Dornröschens Rache (2007) – Ritter & Stark

ein klassiker! ein guter jahrgang war das für die berliner ermittler. diesmal sind sie im tiefsten brandenburg unterwegs und ermitteln in der vergangenheit eines dorfs. dabei stoßen sie nicht nur auf gegenliebe. mit Anna Thalbach und Günter Schubert! teilweise ein wenig gefühlsbetont, aber nicht schnulzig.

[xrr rating=6/7]

erstausstrahlung: 25.03.2007 +++ link