Adventstürchen #9: Back to the 90’s

Passend zu Türchen 9 – die neunziger Jahre.

Das Jahrzehnt in dem noch alles besser war. Die Rechner waren langsamer, an iPhones war nicht zu denken, Fernsehen Fernseher hatten noch echte Tiefe (die gute alte Röhre), Sarrazin hat sich noch ums Geld und nicht um die Ausländer gekümmert und eine Schachtel Zigaretten hat noch 5 Mark gekostet und nicht 5 Euro.

Wir meinten alles ironisch, selbst die Ironie.

Angie hat noch im Arsch von Helmut Kohl gesteckt und echte Männer haben das Land regiert, man konnte noch Gen-Experimente machen ohne die Ökos aufzuscheuchen. ebay wurde gegründet und Frauen haben sich mit Arschgeweihen verunstaltet. In Berlin hatte man noch genug Platz für die Loveparade und Bands wie “Green Day” und “The Offspring” konnten sich in der Pop-Kultur als Punks bezeichnen.

Ja, wenn man mal so drüber nachdenkt war früher wirklich alles besser…

Von der Menschwerdung

Die Geschichte der Menschheit beginnt irgendwo in Brandenburg. Da können die Anthropologen auch zetern und schimpfen, die Spuren sind eindeutig und führen zwangsläufig in die märkische Provinz.
Das kann jeder bestätigen, der schon mal mit dem Regio quer durch das dünn besiedelte Bundesland gefahren ist. Große Teile sind versteppte, menschenleere Gebiete. Wahrscheinlich wohnen auch mehr Paarhufer in Brandenburg als Homo sapiens sapiens. Geprüft habe ich das nicht, denkbar ist es aber auf alle Fälle. Langsam geht die Märzsonne auf, die Felder sind noch vom letzten Frost bedeckt und werden in ein saftiges Gelb getaucht. Die Bahnhöfe sind leer. Niemand will zur Arbeit, nur ein paar Unbelehrbare wehren sich gegen den Trend und tun zumindest beschäftigt. Während die gesamte Menschheit im 21. Jahrhundert lebt, ist die Zeit stehengeblieben hier. Bäuerliche Strukturen bekämpfen jedes neue, ohne zu merken, dass sie gerade selbst aussterben…
So zumindest das Klischee und damit muss auch mal gut sein. Brandenburg-Bashing ist ja wohl das allerletzte und seit Reinald Grebe auch durch. Und das war schon 2006.
Die Wiege der Menschheit also soll hier sein, zwischen Lübben (Spreewald) und der Uckermark. Zwischen dichtem Nadelwald und Birkenhainen. Mitten im märkischen Sand, haben sie gelebt, die ersten Hominiden, noch ganz benommen von der Menschwerdung. Taumelnd und im Kopf das Bild von leckeren Bananen sind sie umhergestreift auf der Suche nach Nahrung. Doch sie fanden – nichts. Gut, ein paar Beeren vielleicht und ab und zu auch mal einen Bären (aus Polen eingewandert!). Aber im Großen und Ganzen war es schon echt hart, das Leben vor tausenden Millionen Jahren in Brandenburg. Dazu die Wölfe und am Wochenende die ausflügelnden Berliner (die – im Übrigen, der Leser ahnt es bereits – evolutionstechnisch natürlich weit hinter den Brandenburgern rangierten, damals wie heute. Sichtbarstes Zeichen: Die Berliner bauen sich beispielsweise phallusartige Gebäude, verehren damit ihre Götzen und sind die ganze Zeit selbstbezogen. Aber auch sie haben ihre Berechtigung. Nämlich als Darwinistischer Gegenentwurf zum Brandenburger Idealmenschen.).
Wie nun kommt es aber, dass wir in der ganzen Zeit keine Spuren der Menschwerdung in Brandenburg entdeckt haben? Warum gibt es kein entsprechendes Museum in Vetschau, in dem wir sorgsam hinter Glas deponierte Schädel der ersten Märker bewundern können? Nun, an dieser Stelle streiten sich die Wissenschaftler und nennen es den Missing Link. Verschiedene Theorien konvergieren miteinander und widersprechen sich. Tatsache ist, dass wir es mit einer starken Bewegung westwärts zu tun haben. Schon zu Urzeiten sind die Menschen aus Brandenburg weggezogen und nur diejenigen blieben, deren Überlebenschancen überdurchschnittlich waren. Auch das ein Grund für die Selektion nur der besten Gene. Eine zweite Theorie spricht von einem Meteoriten, dessen Spuren auch heute noch zu sehen sind: Davor war Brandenburg von massiven Gebirgsketten inklusive Gletschern überzogen (historische Ansichtskarten bezeugen das). Und heute sehen wir nichts mehr davon! Unendliche Weiten, wohin das Auge reicht, als hätte eine riesige Eisplatte darüber hinweg geschrammt (mit Verlaub, ein sehr abwegige Theorie).
Sicherlich gibt es noch weitere Ansätze und Erklärungsmodelle, wir wollen uns hier aber auf die gängigsten beschränken. Als kleiner Bonustrack bleibt mir nur noch der Hinweis: Verbindet man alle Orte über 100 Einwohner in Brandenburg auf einer Karte miteinander, kommt ein lustiges Bild bei raus. Viel Spaß damit.

was soll man auch machen, mit 17, 18 in brandenburg…?

wie der tagesspiegel heute berichtet, wird das gaststättengesetz in brandenburg abgeschafft. an dessen stelle tritt eine neue regelung: wer künfig in deutschlands brandenburgigsten bundesland alkohol verschütten verschenken ausschenken will, der muss nur sein führungszeugnis, einen auszug aus dem gewerbezentralregister und eine steuerliche unbedenklichkeitsbescheinigung auf dem amt vorbei bringen. und dann kanns auch schon losgehen mit der kneipe. das ist innovativ und soll investoren in dünn besiedelte regionen locken. einziger wermutstropfen: pauschalpreise für alkohol werden verboten, also nix mehr mit flateratesaufen! ausdrücklich!

warum nun gerade die saufbranche gefördert wird, bleibt der phantasie des lesers überlassen. denn hier wird kein brandenburg-bashing betrieben. wär’ ja noch schöner. prost.

nachrichten aus der provinz

schwerin hat gefeiert. aber nicht irgendein schwerin. das doppelhalbinsel-schwerin, amt schenkenländchen, landkreis dahme-spreewald (LDS statt LSD!), brandenburg. ganze 625 einwohner, bequem per autobahn und bundesstraße zu erreichen und idylisch am see gelegen.
doch was gab es eigentlich zu feiern? die einweihung des neuen gerätehauses der feuerwehr! schmuck sieht es aus, bei sonnenschein und blauem himmel kommt der blaue anstrich besonders mediteran daher.

geschätzte 300 personen feierten ausgelassen und friedlich zu einem bunten programm. höhepunkt war sicherlich das aerobic-team, für die kinder der clown, der zwar eine stunde zu spät kam, doch stimmung verbreitete er trotzdem. keine ausschreitungen, keine schlägereien – insgesamt ein gelungenes fest für die schweriner. zwar tauchten wohl nazis auf, doch die professionelle festleitung hatte die situation unter kontrolle und es kam glücklicherweise zu keinen ausschreitungen.
schon gegen elf am nächsten tag war alles aufgeräumt, nur das bierzelt stand noch und für die berliner ausflügler gabs freibierreste und einen überaus netten empfang. sogar der bürgermeister kümmerte sich um die gäste. es wurde geredet und getrunken, berlin-brandenburgische vorurteile abgebaut und viel gelacht. kurzum – ein herzlicher empfang und wieder einmal der beweis, dass in brandenburg doch nicht alles so ist, wie es rainald grebe in düsteren farben besingt.
die ausflügler zogen dann weiter und hatten noch einen schönen sonnigen tag am see. leider haben sie das flatrate-kuchenessen im seekrug verpasst, doch das ist garnicht so wild, schließlich gibts da nächsten monat das rosenfest im biergarten!