Schlagwort: buch

in den wastelands von pankreich #2

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Kisten so müd geworden, daß er nichts mehr hält. Ihm ist, als ob es tausend Kisten gäbe und hinter tausend Kisten keine Welt. logische fortsetzung des vergangenen. ich überlege immer noch, die bücher aus den verschenkekisten zu katelogisieren und daraus charts zu erstellen. man könnte einen bücherpreis des deutschen kistenhandels etablieren – der häufigste autor bekommt eine schöne neue umzugskiste. und liebe leute, schmeißt euren müll in die tonne. niemand wird sich erbarmen, euer schlechtes gewissen zu entlassen.

kulturherbst

kurz notiert, sonst vergesse ich es wieder:
  • SVEN REGENER: Wiener Straße, erscheint am 07.09.2017 / Verlag
  • Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt: ab 31.08.17 / Trailer
  • Marc-Uwe Kling: QualityLand, erscheint am 22.09.2017 / dunkel / hell

#cybris

sascha lobo schreibt im gedruckten spiegel eine rezension (blendle-link) über ein ominöses buch der amerikanischen autorin Carol Felt, von der nur ein wirrer twitter-account existiert. und außer einer dünnen verlagsseite findet sich gar nichts über das buch im netz. das kann man natürlich als kluge PR-strategie sehen, veröffentlichung ist am 16. oktober, pünktlich zum start der frankfurter buchmesse. doch es passt so gar nichts zusammen, das buch gibt es nicht auf englisch (OT verlag: „amerikanische Underground-Literatur, die außerhalb der völlig zerkauften Mainstream-Literatur stattfindet. Sie wird meistens ausschließlich digital publiziert und von den neoliberalen Buchmärkten bestenfalls ignoriert, meistens aber verspottet.“). und sascha lobos sobooks vertreibt nur ebooks. wir sind also gespannt, was da auf uns zu kommt und hoffen, dass es wirklich ein buch ist, ein gutes muss es aber dann schon sein, für all‘ die aufregung. [NACHTRAG 01.10.15] woanders wurde es ausführlicher besprochen:
„Er [Lobo] überschreitet die Grenzen, indem er einen Netz-Text im Print-Spiegel platziert, der erst im Netz seine Wirkung entfalten könnte (und damit sofort verlieren würde.)“

alles gute, buch!

1152127649_8c0ef7337b_z heute ist welttag des buches. Ich lese ja gerne, aber leider viel zu wenig, wegen die zeit, ihr kennt das. seit einiger zeit habe ich auch einen eBook Reader und lese darauf, hat aber nicht zu weniger physischen büchern geführt. im gegenteil – ich kaufe die immer noch gerne auf flohmärkten, gebraucht beim großen internet-händler oder ab und zu im lokalen handel. gelesenes wird verschenkt oder in der bücherboxx versenkt. übrigens gelangt der geneigte leser hier entlang zu meiner kleinen bücherei. und als bonustrack sozusagen:
„The writer Umberto Eco belongs to that small class of scholars who are encyclopedic, insightful, and nondull. He is the owner of a large personal library (containing thirty thousand books), and separates visitors into two categories: those who react with “Wow! Signore, professore dottore Eco, what a library you have ! How many of these books have you read?” and the others – a very small minority – who get the point that a private library is not an ego-boosting appendage but a research tool. Read books are far less valuable than unread ones. The library should contain as much of what you don’t know as your financial means, mortgage rates and the currently tight real-estate market allows you to put there. You will accumulate more knowledge and more books as you grow older, and the growing number of unread books on the shelves will look at you menancingly. Indeed, the more you know, the larger the rows of unread books. Let us call this collection of unread books an antilibrary.“ — Nassim Nicholas Taleb, The Black Swan: The Impact of the Highly Improbable

die bibliothek der unlesbaren bücher #5

Es gibt Bücher, an denen man scheitert. Es gibt sogar solche, denen man in Vorfeld schon ansieht, dass man an ihnen scheitern wird. Diese Bücher nehme ich vorsichtshalber gar nicht erst in die Hand. Deshalb gehöre ich zu den zweifellos vielen Menschen, die Proust bislang nicht angefasst haben. Geschweige denn gelesen. Und ich werde es in diesem Leben vermutlich auch nicht mehr tun. […]
(engl im gewöhnlichen leser) besser kann man es gar nicht formulieren. und auch ich habe größten respekt vor herrn proust und seinen texten. solcherart respekt, dass ich mich noch nicht mal annähernd mit ihm beschäftigt habe. Auf der Suche nach der verlorenen Zeit klingt zwar unglaublich spannend – aber kann man das lesen? hand aufs herz: wer hats jemals versucht?

wild at heart

seit langem mal wieder was kommerzielles gemacht. oder vielmehr: gefragt wurden, ob’s ok wäre, ein bild von mir in einem buch zu veröffentlichen. das war vor einem jahr. hatte ich inzwischen schon vergessen. vor ein paar tagen kam jedoch das belegexemplar. und da bin ich mächtig stolz drauf, auch wenns kein geld gab, aber immerhin credits. [youtube NBoKMxZA4r0]

durch berlin mit franz bieberkopf

der tagesspiegel hat bilder von Jens Passoth, der durch berlin gezogen ist und die handlungsplätze von döblins berlin alexanderplatz fotografiert hat: tegeler gefängniss, sophienstraße, schlachthof an der landsberger und immer wieder rosenthaler. das buch hab‘ ich schon mehrmals durch und vor allem der anfang ist ganz große literatur. nicht nur der stil, auch das geschilderte berlin: schmutzig, schnell, laut, alles wird umgebaut und an jeder ecke lauert gefahr. und das beste: wenn ich durch berlin laufe, dann fühle ich mich manchmal auch ein bisschen wie franz bieberkopf. deswegen: mal wieder döblin lesen!

wer ist john galt? #3

das habe ich längst ausgelesen, aber die abschlußkritik bin ich noch schuldig: Ayn Rands Atlas Shrugged ein wichtiges (und wuchtiges) stück weltliteratur. gerade vor dem hintergrund weltwirtschaftskrise wieder aktuell geworden. erzählt wird die geschichte geschäftsführerin und erbin einer eisenbahngesellschaft. doch statt mit technischen details muss sie sich mit einer veränderten politik und gesellschaftlichen stimmung auseinandersetzen: die schelte bekommen nun die manager und eigentümer, da sie zu wenig für die öffentlichkeit tun und nur an ihren profit denken. die politik reagiert und greift in den markt ein, reguliert ihn zu tode und nach nur ein paar jahren erlahmt das ganze land (hier: die usa in einer 50er-Jahre zukunftsvision). die besitzer reagieren und verschwinden unerhörter weise, ihre firmen übernimmt der staat und richtet sie zu grunde. nur frau taggart, die eisenbahnmagnatin hält durch und kämpft gegen intrigen, dummheit und engstirnigkeit. währenddessen geht ihr eigener konzern vor die hunde: züge entgleisen, brücken stürzen ein, lukrative strecken werden geschlosen, um politisch motivierte streckenabschnitte bedienen zu können. nach und nach wird klar, wohin all‘ die ehemaligen kapitalisten hinverschwunden sind und wer ihr anführer ist, eben jener john galt. das buch gipfelt in der rede galts. diese rede ist tief in der amerikanischen kultur verankert, wird zitiert und auf youtube finden sich mehrere rezitationen. zum beispiel diese hier: [youtube yOt6rUkU5xY] im kern geht es um die frage, wieviel staat verträgt der markt, wo muss er eingreifen, muss er überhaupt oder ist es nicht viel besser, dem unternehmer alle freiheiten zu lassen? darüber kann man ewig diskutieren, das ist hoch spannend. und ich habe, der leser ahnt es bereits, eine etwas andere meinung als ayn rand und ihr john galt. sie malt an der stelle zu schwarzweiß. das kann man ihr vorwerfen. und dass ihr buch kein großer literarischer wurf ist. eher ein monstrum. aber im gleichen atemzug muss man sagen, dass sie weit über den neoliberalismus hinaus denkt (ihre philosophie nennt sich objektivismus). sie lässt einen ihrer protagonisten sagen:
„Widersprüche gibt es nicht. Wenn ihr meint, ihr hättet es mit einem Widerspruch zu tun, überprüft eure Prämissen. Ihr werdet feststellen, dass eine davon falsch ist.“ (hier gefunden)
und das ist großartig. die ermahnung zum denken. immer wieder neu. ohne feste paradigmen, ohne den ballast von vorgefertigten meinungen. in der tradition von aristoteles und kant. das unterschreibe ich sofort. und auch den ansatz, ihre philosophie in romanform zu gießen statt in unlesbare aufsätze: nobel. nur das ergebnis scheitert an sich selbst. oder zumindest an ihren literarischen fähigkeiten. nichtsdestotrotz empfehle ich dieses buch all jenen, die selber denken (wollen). man muss ja nicht immer mit der autorin einer meinung sein. [xrr rating=5/7]

gelesen: Marlene Posner-Landsch: Story Telling – Story Selling: Märchen und Märchenerzähler in der Wirtschaft

interessanter ansatz: das ganze buch ist ein dialog der autorin mit ihrem freund. er ist mehr so der wirtschafter, sie die kommunikationsexpertin. und sie reden über allerlei: wie unternehmen kommunizieren, wie kommunikation in der wirtschaft funktioniert und auf keinen fall funktioniert. zugegeben, streckenweise wirkt das gespräch aufgesetzt und wenig realistisch. aber die kernaussage wird rübergebracht: nur wer gute geschichten erzählen kann, verkauft auch gut. hinter jeder werbebotschaft sollte ein plot sein, ein ganzes storyboard, damit es mir der kunde abkauft. kein uninteressanter gedanke, zugegeben. und dann war da noch ihre oma, die sehr oft in ihren geschichten auftaucht: ein kölner original mit ebenerdigen materiellen ansprüchen und lebensweisheiten. [xrr rating=4/7]

geschichten aus einer viel zu großen stadt pt.16

tina veihelmann lebte mithilfe des kiezschreiberstipendiums im soldiner kiez, berlin-wedding zwischen 2006 und 2007. ein paarmal habe ich sie zu dieser zeit gesehen, wie sie auf der bank an der panke saß und sich geschichten erzählen ließ. die geschichten hat sie aufgeschrieben, kann man hier nachlesen oder in einem kleinen büchlein namens „soldiner spaziergang“. darin auch die story von den zwei künstlerinnen in der ehemaligen apotheke („labor k1“, hatte ich damals auch). und das angenehme: frau veihelmann beobachtet lediglich, hört zu und schreibt auf. sie will nichts verändern, klagt nicht an. lesebefehl für all‘ jene, die den soldiner kiez nur aus gruseligen presemitteilungen kennen.