Geschichten aus einer viel zu großen Stadt pt. 18

warschauer, Okt. 2006

Heute Morgen in der U9 Richtung Zoo: Ein nachlässig gekleideter Mann mit dreckigem kleinem Köter steigt ein, zeigt den Hitlergruß und beginnt zu palavern. Sehr laut und aggressiv stellt er sich als Leutnant Soundso mit Hund Robert von der Bürgerwehr vor und schreitet dabei mit großen Schritten von einem Ende der U-Bahn zum anderen. Alle Fahrgäste hören schweigend zu, zeigen immerhin angewiderte Gesichter, sagen aber nichts. Die Beweggründe seiner Bürgerwehr sind schnell erzählt: Man müsse aufräumen mit dem ganzen Pack in Berlin und sauber machen. Und alle die gegen ihn sind, bekommen ein Messer in den Rücken.

Dem offenbar verwirrten Mann schien es Ernst zu sein mit seinen Drohungen. Das ganze war ganz und gar nicht zum Lachen und machte mir ganz schön Angst. Wie verhält man sich in so einer Situation: Brüllt man ihn an, ignoriert man ihn, ruft man die BVG oder die Polizei? Schwierig. Was hättet Ihr getan?

Wort des Tages: Repatriierung

wird gemeinhin mit Auslandsrückholung übersetzt, das trifft es aber nicht ganz. wikipedia schlägt weiter vor: “die Vertreibung der polnischen Bevölkerung aus den von der Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg annektierten polnischen Ostgebieten, siehe Repatriant” das bekommt ein ganz eigenes geschmäckle nach der lektüre dieses spiegel-artikels (“Zwei israelische Minister forderten am Sonntag die direkte Repatriierung des mutmaßlichen Mossad-Agenten.”). und überhaupt diese ganze geschichte vom verhafteten mossad-agenten in polen auf wunsch der bundesrepublik! das stinkt doch zum himmel. seit wann verhaftet die polizei spione?

die krise heißt medien

Kannst du vor deinen Augen
Die Explosionen sehen?
Ein Feuerwerk in der Nacht
Kannst du in den Pfützen
Die Wolkenfetzen sehen?
Spiegel in der Innenstadt
Kannst du in den Bäumen
Die Tonbandfetzen sehen?
Wer hat sie dorthin gebracht?
Alles gehört dir
Eine Welt aus Papier
Alles explodiert
Kein Wille
Triumphiert

{TOCOTRONIC}

die taz hat eine chronologie der reaktionen der bombe des knalls vom vergangenen samstag. ich war nicht dabei, ich habe keine ahnung, was da los war. unser innenminister spruch heute nachmittag im bundestag von einem “Angriff auf unsere Demokratie in ihrem Kern” – das klingt ja schon wie 1929 oder 1974 und mittlerweile habe ich keine ahnung mehr, was ich denken soll.

widersprüchliche meinungen gibt es da, offenbar weiß keiner so recht, was da eigentlich abging. und in der folge nutzt es jeder für seine anliegen: die polizei rechtfertigt mit dem knall ihre präsenz, die bürgerliche rechte ruft nach mehr polizei, die linke macht die polizei verantwortlich für den knall und die politik ergibt sich in dunstigen wortwolken. das ganze heizt sich auf und wird zur farce.

die kritische Masse (Mai 2007)

übrigens ging es bei der demo gegen die geplanten kürzungen vor allem im sozialen bereich, falls das noch jemanden interessiert. vielleicht sollten wir uns die regierung sparen.

Blasen für den Atomausstieg

Interessante Aktion von compact:

Die Auseinandersetzung um die Atomkraft tritt in die heiße Phase. Am 26. Juni wollen wir mindestens 15.000 Ballons als “radioaktive Wolke” am Atomreaktor Krümmel aufsteigen lassen – und vor den “tödlichen Nachbarn” warnen. Hinter jedem Ballon steht ein Mensch, der für den Atomausstieg eintritt. Am 12. Juni starteten wir bereits 12.000 Ballons am AKW Biblis. (compact.de)

Spannend auch die dokumentierten Funde der Aktion auf einer Karte.