vom beschämten bundestag

nach einem jahrzehnt braunem terror nun endlich einigkeit im bundestag: man ist gegen nazis und nazis morde. das ist löblich. man schäme sich gegenüber den opfern, dass die aufklärung so lange dauerte. man verlangt bedingungslose aufklärung. ein npd-verbot ist wieder im gespräch. wahnsinn. politiker und medien sind immer so gleichgeschaltet, wenn es um den braunen mob geht.

eine braune terrorzelle? - sept 2008

dabei wird gerne übersehen, dass morde und terror und brennende asylantenheime zwar unglaublich traurig und ungerecht und krank sind, aber lediglich die spitze eines eisbergs. es ist die ideologie, stupid. einem hassprediger wie sarrazin kann man zwar nicht einen mord anhängen, aber dass er seinen beitrag geleistet hat, den hass in teilen der gesellschaft zu schüren, das möchte man gar nicht abstreiten.

ich bin in sachsen aufgewachsen, da gab es immer schon nazis, in jedem dorf gibt es die. man sieht sie, man kann sie erkennen. nicht gerade harmlos, aber man lebt miteinander. nebeneinander. parallelgesellschaft quasi. und es gibt jene, die sich selbt nie als nazis bezeichnen würden, aber eigentlich welche sind.

wie immer gilt: eier auf beim augenkauf, auch mal das maul aufmachen, wenn mal wieder einer herzieht über ausländer oder migranten oder gutmenschen. demokrat und mensch sein. nicht nur so tun.

Preisliste für investigativen Journalismus

Trockenblumenstrauß im Wedding (Juni 2006)

der stern hat einen interessanten artikel über kids aus dem soldiner kiez, die geld dafür bekommen, dass sie scheiße fürs fernsehen bauen, damit sarrazin am ende doch recht behält (via).

Und hier die Preisliste:

  • Zeigen einer Stichwaffe: 20-50 €
  • Gruppenfoto mit Messer: bis 400 €
  • Zeigen eines Gewaltvideos im Handy: 10-30 €
  • Erzählen einer Skandalgeschichte war 250-400 €
  • gestellte Prügelszene: 400 €
  • Posen mit Kapuze vor der Kamera: 30-100€
  • Andeuten eines Steinwurfs in Richtung der Reporter: 250 €
  • Wurf eines Mülleimers aus dem Fenster: 120 €

(recherchiert von Waldemar Olesch / kingzofkiez.de)

volk ohne denken

man kommt einfach nicht drumherum. leute, die man bis dato für intelligent hielt, kommen mit sätzen wie: “…recht hatt’ er, dass mit den juden ist natürlich quatsch, aber im kern…“. oder, noch besser: “… da sagt mal einer endlich die meinung und muss gleich gehen…“.

herrgott, so viele ebenen auf einmal und alles wird vermengt miteinander. da wird einem schlecht.

zuallererst: der will nur provozieren, um sein buch zu verticken. das ist ihm und seinem verlag gelungen. wahrscheinlich ganze ohne marketing-etat. zwei wochen beschäftigen sich medien, politiker und volk mit kaum was anderem.

zweitens: reflexartig kläffen medien und politik aller coleur, fühlen sich angegriffen, sehen die demokratie in gefahr, andere fühlen sich in ihrer meinung bestätigt. mal verhalten, mal offen jubeln sie ihm zu und verklären ihn zum heilsbringer. dann gehen sie aufeinander ein, beschimpfen sich gegenseitig als rassisten und gutmenschen. führen zahlen, statistiken an, zitieren ihn, reißen seine aussagen aus dem zusammenhang, vermengen dies mit persönlichen erfahrungen. manch einer hat sogar das buch gelesen.

drittens: aus der spd wollen sie ihn rausschmeißen, doch das ist das blöde an der volkspartei, hier gibt es auch das volk, dass sich bestätigt fühlt durch seine thesen und ihn behalten will.

viertens: die bundesbank denkt öffentlich über einen rauswurf nach, da er ihr image beschädigt. der bundespräsident und politiker drängen, obwohl sie da gar nichts zu sagen haben. dann wird er tatsächlich raus geschmissen. hatte er natürlich alles vorher schon mit seinen anwälten besprochen, klar. und traurig ist er wohl auch nicht darüber.

fünftens: seine schelte auf zuwanderer, migranten, migrationshintergründe, sozialschmarotzer, sozial schwache, hartzies, dumme eltern trifft auf fruchtbaren boden. endlich mal einer, der ausspricht, was so viele denken! dabei hat er das gar nicht selbst erfunden, vor ihm haben schon möllemann, koch und haider (um nur drei zu nennen) ähnliches veranstaltet: stänkern. wie im kindergarten. klassenclown spielen. (feuilleton-sprache: “enfant terrible“) einer muss es ja machen. der lehrer schimpft, alle lachen, stimmen zu, der lehrer schimpft noch mehr, alle bewundern ihn, möchten aber nichts mit ihm zu tun haben. auf dem pausenhof aber suchen sie seine bestätigung und himmeln ihn an. gähn.

sechstens: gustave le bon sagt: “wir wissen erst, wer wir sind, wenn wir wissen, gegen wen wir sind”. die debatte entwickelt sich in eine komische richtung: da leben seit den sechziger jahren türkisch-, kurdisch-, arabisch-, nordafrikanisch stämmige menschen in dieser unserer bundesrepublik, inzwischen in der wasweißichwievielten generation und auf einmal werden sie zu sündenbücken, schuld daran, dass es uns so schlecht geht. ohne zu wissen, wer uns eigentlich ist. ohne zu sagen, was deutsch eigentlich heißt. da sind ganze stadtteile islamisiert, da werden frauen genitalverstümmelt und ermordet, wenn sie falsch gucken. da werden stramme deutsche vergewaltigt, und schweine nicht gegessen, alkohol nicht getrunken. am besten, wir verbrennen korane. und den lessing. und überhaupt.

aber halt! hatten wir das nicht schon mal?

http://www.youtube.com/watch?v=Gi0Cza6KLI4

http://www.youtube.com/watch?v=XEhnWUYbP2I

http://www.youtube.com/watch?v=QL65dcC_UNM

Rundumschlag

Herta Müller ist das Sonnenschein-Mantel-Debreu Theorem der Literatur: Alle reden darüber, aber keiner verstehts. Und zu lesen gibts auch nichts, alles ausverkauft, wird aber nachgedruckt, sagt die Buchhändlerin des Vertrauens. Der Nobelpreis als Konjunkturmotor, da lacht das schwarzgelb regierte Herz, auch wenn es in den letzten Tagen arg durch Koalitionsgezerre geschwächt wurde. Was wird da nicht alles diskutiert, sogar Atomkraftwerke sind plötzlich wieder da, obwohl wir dachten, das Thema sei durch. Zurück in die Achtziger also, noch schnell den Wollpulover aus dem Kleiderschrank kramen und ab ins Wendland. Und den Satz, dass Thilo Sarrazin im Grunde vielleicht recht habe, den kann ich nicht mehr hören. Da kann man gar nicht politisch korrekt genug reagieren und wutschnaubend sich aufregen über soviel Rassismus. Aber zumindest wird mal wieder diskutiert über Integration und Parallelgesellschaft, mit eigenartigem Beigeschmack, aber immerhin. Und ich will ja auch nicht bestreiten, dass es Probleme gibt. Nur sollte man mal anfangen, sie zu lösen und nicht polemisch Steinigungen fordern (was im Grunde die Verlängerung der Sarrazinschen Thesen ist). Da könnte man auch gleich die Katzenkastration fordern.