Mit dem ADAC-Hubschrauber nach Sotschi

2014-02-07 08.09.21

Die Nachrichten der vergangenen Monate haben die letzten Reste der alten Bundesrepublik beseitigt. Vorbei sind die Zeiten, als die Helmuts ein geordnetes Land regierten, als die Welt noch in Ordnung war. Die Feinde in Russland waren Kommunisten, die anderen Deutschen auch. Da hatte man einen satten Kontrast zur eigenen Lebenseinstellung, die Identität und das Weltbild war gefestigt. Dann kam die Wende, alles sollte ein paar Jahre weiter gehen, nur das Land war größer. Der Rest der Welt veränderte sich rasant, man brauchte ganze 10 Jahre für ein neues Feindbild, Staaten zerfielen, gingen bankrott, entstanden neu, Bündnisse brachen auseinander, wurden geschmiedet, die Welt drehte sich. In Deutschland zerkloppten die Sozialdemokraten den Sozialstaat, die Christdemokraten schafften die Atomkraft ab und die Grünen begannen Kriege. Plötzlich wurden feste Konstanten zu Unbekannten, Alice Schwarzer macht sich durch Steuertricksereien moralisch angreifbar, Michael Schumacher verliert, der Golf ist womöglich gar nicht das Lieblingsauto und die Amerikaner bespitzeln uns.

2014-01-12 14.48.57

Vielleicht ist diese Winterolympiade ohne Schnee der Beginn einer neuen Zeit. Einer Zeit, in der alles irgendwie irrational wird, keiner Moral, sondern nur dem Geld folgt, der kurzfristigen Rendite. Schmeißt die Ausländer raus und nehmt Euch den Mindestlohn. Beschwer dich nicht über Briefkastenfirmen und Nebentätigkeiten deiner Politiker, du bescheißt doch selbst beim Hartz4. Gründe eine Bürgerinitiative und beschwer dich auf facebook über deinen Nachbarn, aber lass die Großen Politik machen, die können das, die können nichts anderes. Lass dich verzaubern von der Dschungelkönigin und lass die Afrikaner und Syrier sich selbst abschlachten, damit du dich aufregen kannst über sie. Die Panzer dafür verkaufen wir ihnen gerne. Sei gegen Schweinefleisch und Russlands Homophobie. Es gibt kein richtiges Leben im Falschen. Aber du kannst es wenigstens kritisch kommentieren auf ZEITonline oder in deinem Blog. Dann geht es dir besser.

2014-01-11 10.54.16

Wir sind langsam an einem Punkt angekommen, an dem wir uns entscheiden müssen. Und ich meine jetzt keine Eurokritische Politik, die sich trauen zu sagen, was nicht gesagt werden darf. Sondern eher, ob wir uns so weiterkapitalisieren wollen oder ob es vielleicht auch andere Werte gibt?

2013-11-27 18.55.53

Unerhörte Freiheit: Arbeit und Bildung in Zukunft

erschienen: • ISBN: • Farbe:

ein essay, diese unerhörte form der meinungsäußerung. engler befasst sich mit dem grundeinkommen, denkt weiter, nicht auf ausgelatschten trampelpfaden, sondern geht eigene wege. durchaus nachvollziehbar, aber als leser hat man immer das gefühl hinterher zu stolpern, zurück gelassen zu werden. teilweise nicht nachvollziehbare und um sich drehende aussagen. im mittelpunkt immer der mensch, der das grundeinkommen bezieht: was passiert mit ihm, wie verändert er sich dadurch? und ist das beeinflussbar? wie muss sich die gesellschaft darauf vorbereiten? spannend, aber teilweise doch sehr knöchern zu lesen.

[xrr rating=5/10]

Notiz am Rande

Das geht mir schon länger durch den Kopf und beschäftigt mich. Doch bisher konnte ich es noch nicht so richtig fassen, geschweige denn formulieren. Es folgt also ein wirres Gedanken-Konglomerat. Ein inneres Vabanquespiel. Ein Wust an Ideen, eine ganze Ideenwüste. Ein Wirrwarr an nachdenklichen Fetzen. Anmerkungen bitte in die Kommentare.

Wir denken in Extremen. Die wenigsten leben Extreme. Aber wir alle (zumindest ich, und ihr so?) spielen in Gedanken Extremsituationen durch. Vielleicht auch nur ich, dann bin ich Psycho und sollte vielmehr zum Arzt und weniger bloggen. Jedenfalls male ich mir immer aus, wie es wäre wenn. Wie ich reagieren würde, wenn das SEK plötzlich meine Wohnung stürmen würde. Und überhaupt – hätten sie dazu einen Grund? Wie wäre das, wenn ich ein so richtig Krimineller wäre – mit gesuchten Freunden und einer Kanone im Gürtel? Wie würde ich dann sprechen, reagieren, handeln? Würde ich tatsächlich ein Anderer sein? Oder Geld zu haben, ich meine richtiges, so viel Asche, dass mir alles egal sein kann – würde es mein Leben beeinflussen, mein Denken? Klar, den ganzen materiellen Mist könnte ich dann anhäufen. Aber ist das nicht alles nur schnöder Mammon? Manchmal stelle ich mir auch vor, wie es wäre, ein richtiges Arschloch zu sein. Jedem eins in die Fresse zu geben, der mir nicht passt. Alle anzupissen, weil ich sie nicht leiden kann. Toll wäre das. Wäre es? Ich weiß es nicht.

Wahrscheinlich müsste ich erstmal alles ausprobieren. Zwar kann man mit Literatur, Filmen, Spielen und Internet in jede nur erdenkliche Rolle schlüpfen. Aber ist es das Gleiche? Das fühlt sich doch alles nur virtuell an. Und wird niemals wirklich die Realität ersetzen.

… ist es auch unmöglich, nicht bei Wikipedia nachzuschauen.

Schon öfters beobachtet, aber noch nicht dokumentiert: Was wären Diskussionen und gesellige Abende mit Freunden und Bekannten ohne Internetanschluss? Kennt jeder, diese Situation: Da sitzt man gemütlich zusammen bei einer Apfelsaftschorle, referiert über die Welt im einfachen und komplexen und plötzlich fehlt ein Faktum. Eine Argumentationskette will gestützt werden mit der Realität, der Wahrheit. Also wird google bemüht, Wikipedia angeschmissen oder zur Not auch die imdb. Denn nichts ist schlimmer als gefährliches Halbwissen. Und bei der alltäglichen Nachrichtenflut merkt man sich ja auch nichts mehr. Die illustre Runde wird also desöfteren jäh unterbrochen für eine Kurzrecherche am heimischen PC oder mobilen Endgerät. Denn das Stev’sche Theorem sagt ganz klipp und klar, dass in einer Runde von mindestens fünf Personen mindestens einer ein iPhone hat.

Nun, was sagt uns das über unser Sozialleben? Verkrüppeln wir unter der Informationsflut, degenerieren unsere Hirne und sind wir schon hochgradig abhängig vom Internetanschluss? Oder bereichern wir nur unsere Konversationen mit edler und reiner Wahrheit?

Platon mit den großen Händen
Platon, der Meister des Dialogs - hätte er sein iPhone zwischendurch benutzt? (gesehen in einem Park in Wroclaw/Breslau)

Was hätte Platon getan? Bei Wikipedia finden sich übrigens einige Merkmale des platonischen Dialogs:

  • Es besteht kein Zwang zur systematischen Vollständigkeit.
  • Ungeklärte systematische Einzelfragen können leichter ausgeblendet werden.

Und Karl Jaspers sagte über Platon:

Dieses ließ er sich in seinen dialogischen Darstellungen frei entfalten, immer mit dem Willen zur Wahrheit des Wesens, aber nicht gebunden an belegbare Tatsächlichkeiten. ((Karl Jaspers, Plato, Augustin, Kant, Piper, München 1957, S. 25 – gefunden in der Wikipedia))

Also doch keine Notwenigkeit zur unmittelbaren Wahrheitsfindung mittels mobilem Internet? Das scheint mir aber gefährlich. Denn Halbwissen ist schon schlimm, aber dieses auch noch zu verbreiten? Auf Halbwahrheiten eine Argumentationskette aufzubauen. Sicherlich kann man nicht alles wissen. Wir haben zwar immer mehr Ahnung von Teilbereichen. Aber universelles Wissen kann sich doch keiner mehr merken! Oder man schafft bewusst Wissenslücken. Fußball ist für mich ein ganzer Wissenskrater, den ich auch nicht mehr füllen will in diesem Leben. Oder der technische Aufbau und die Wirkungsweise eines Induktionsherds – will ich gar nicht wissen. Kaffeemaschine hab ich verstanden und ich ahne, wie das mit Mikrowellen ist. Aber Induktion? So mit Spulen und Zeug?

Aber da drehe ich mich argumentativ im Kreis. Ringelringelreihe. Was mich allerdings irritiert: Ist das denn nett, mitten im Gespräch vor den Rechner zu wechseln? Und wenn ja: Wie lange maximal darf man sich von der Runde entfernen?

Vor ein paar Jahren gabs eine ähnliche Diskussion zum Thema Handy. Da haben sich dann auch im Laufe der Zeit nette Höflichkeiten heraus gebildet. Also nur bei wichtigen Anrufen das persönliche Gespräch unterbrechen. Oder vor die Tür wechseln, um nicht zu stören. Umgangsformen nennt man sowas wohl. Es bleibt spannend.