Neulich beim Bäcker

Während andere im Supermarkt abkotzen, ist es mir heute beim Bäcker passiert:

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Ihr Völker der Welt, ihr Völker in Amerika, in England, in Frankreich, in Italien! Schaut auf diese Stadt und erkennt, daß ihr diese Stadt und dieses Volk nicht preisgeben dürft und nicht preisgeben könnt!

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diese stadt ist so blöd und volksentscheidet sich gegen investoren, die unser leben doch immer so bereichert und bunt gemacht haben. gegen gewinne aus bauprojekten und wohnungen in bester citylage, direkt vom eigentümer. gegen satte unternehmensgewinne, gefördert von politik und klüngel. was sind das für deppen, die nicht erkennen wollen, dass kapitalismus wachstum ist und wachstum den steten strom von dividenden und zinsen auf den konten derer bedeutet, die schon haben? was sind das für menschen, denen ein unbebautes feld lieber ist als sterotypische glasbetonbauten ohne charakter? vergesst berlin! bebaut die lücken zwischen den hochhäusern in frankfurt am main mit shopping malls, ihr werdet es nicht bereuen.

Linktipp

Lest das Techniktagebuch! Ihr werdet es lieben. Und Euch wieder erkennen im täglichen Kampf mit Technik.

Berlin ist woanders. Heute: Swieradów-Zdrój

der ort in polen nahe der tschechischen grenze hieß mal Bad Flinsberg, in jener zeit als der teil polens noch deutsch war. das ist lange her, ein paar gebäude erinnern noch an die vergangenheit, sonst nichts.

es gibt eine trinkhalle von 1899, in der mineralwasser aus dem berg ausgeschenkt wird, aber kein bier. es gibt kirchen, einen park und viele tourigeschäfte. eine stadt wie ein museum, in berlin heißt das nikolaiviertel. kann man sich anschauen, kann man aber auch links liegen lassen.

geschichten aus einer viel zu großen stadt pt. 26

sie wohnte hier, seit sie fünf war. mit ihren unzähligen geschwistern, von denen einige früh starben. ihre stille mutter, ihr schreiender vater, der geruch von bohnerwachs im treppenhaus, der gestank von kohle und siedendem bratfett, die nahen detonationen im krieg, die armut, die den leuten ins gesicht gezeichnet war, der hunger der dürren jahre, die arbeit, die langen stunden der einsamkeit im alter.

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behände troff das blut in den rillen des fliesentischs. es wird regen geben, sagte der jugendliche gewalttäter zu seinem kumpanen, der nur nickte. beide starrten sie auf ihr jüngstes werk, einem raubüberfall mit bitterem ende. bitter vor allem für die anwohnerin, die sie antrafen bei ihrem einbruch in der angeblich leeren wohnung. die ist nie zuhause, geht immer einkaufen und rollt durch die gegend, hatte es geheißen. aber nein, sie mussten ja immer pech haben. erst die sache mit den mädels und nun das, der tag konnte kaum schlimmer werden. lass ma’ gehen. und sie gingen.

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die leiche blutete noch lange, der teppich der rentnerin, den sie sich vor langer zeit mit ihrem längst verstorbenen geleistet hatte, saugte sich mit blut und anderen flüssigkeiten voll und so ergab sich ein nettes muster. asymetrisch zwar, aber dennoch nett anzusehen, wie der junge assistent von der spurensicherung ein paar tage später fand. es war seine erste woche und sein dritter mord, kein schlechter schnitt. den würgreiz allerdings hatte er noch nicht so recht im griff, die kollegen schielten hämisch grinsend immer wieder zu ihm.

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nach einer woche brachen polnische handwerker das polizeisiegel und räumten alles aus, schafften brauchbares in ihren transporter, unbrauchbares in einen container. nach einem tag waren sie fertig, gönnten sich was zu trinken und schliefen in der wohnung. ein paar tage lang krachte und polterte es, die nachbarn beschwerten sich. noch ein paar tage und die wohnung war renoviert, die handwerker verschwanden und es tauchten makler mit schönen menschen auf. man lobte sich und den schnitt, die sozialstruktur der gegend und vor allem die schulen.

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ein umzugsauto hielt, der typische pritschenwagen. jungmenschen sprangen ambitioniert herum und trugen allerlei sachen in die wohnung. man baute noch bis in die nacht möbel auf und stieß an auf ein neues leben. es wurde laut, die nachbarn klingelten und bekamen ein bier in die hand gedrückt. man verstand sich, das sozialmilieu passte.

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nach ein paar jahren zerfiel das junge glück und man ging getrennter wege nicht ohne nächtelanger lautstarker streitereien. mitbewohner kamen und blieben und gingen. junge südeuropäer, lateinamerikaner, franzosen, bayern, hessen. monatlich wechselten die kulinarischen ansprüche, die durch den hausflur waberten. fremde klänge ließen die wände des altbaus erzittern und erboste briefe an die hausverwaltung wurden formuliert.

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niemand errinerte sich an den hinterhältigen mord von einst, er wurde nie aufgeklärt. heute wohnen da ganz andere, die nachbarn sind längst weiter gezogen, nur das haus, die wände und das treppenhaus kennen die geschichte. aber sie schweigen.