zehnjähriges jubiläum, trotzdem keine freude: ein absatz

als ich vor zehn jahren mit dem bloggen anfing, war alles ganz anders. musik war auf dem pc oder dem mp3-player und wurde noch nicht gestreamt. filme lieh man sich in der videothek (die auch nicht umbenannt wurde, als es nur noch dvds und später bluerays gab). das internet erfand sich gerade neu und hieß web 2.0. es wurde wirklich interaktiv (auch so ein wort, was nicht mehr benutzt wird), soziale netze feierten ihren durchbruch (und sind bis heute nicht sozial). es gab noch keine smartphones, das internet war stationär, man loggte sich ein und checkte seine mails. heute bekommt man nur noch werbung in den posteingang oder unangenehme nachrichten. es gab noch icq, dann lange nichts und jetzt whatsapp und viele andere. rss fristete schon damals ein nischendasein, genau wie pgp und tor. wir zogen los, um zu fotografieren, luden die bilder auf flickr und freuten uns einen ast über likes und kommentare – asynchron natürlich. heute sind wir irgendwo und teilen das auf instagram, twitter oder nur privat im messenger. alles passiert im jetzt und morgen ist es schon archiv. unzählige dienste kamen und gingen – kennt noch jemand google buzz? das bloggen war noch neu und aufregend, heute wird man dafür schief angelächelt. filterblasen entstanden und platzten, online-bekanntschaften gaben sich die virtuelle klinke in die hand. heute leben wir alle in unseren blasen und definieren uns über die blödheit der anderen. es gibt keinen austausch mehr, nur noch hass. neue generationen sind heran gewachsen und nutzen ganz andere dienste und wir verstehen es nicht – oder kann mir einer snapchat erklären? es ist alles so normal geworden, so beliebig und gar nicht mehr aufregend. zeit, sich ins private zurück zu ziehen. anzuerkennen, dass analoge freundschaften besser sind als virtuelle. selbst facebook funktioniert vorwiegend lokal, das globale dorf ist gescheitert. auch ich habe keine lust mehr, alles zu veröffentlichen. vielleicht bin ich alt geworden, abgestumpft. immerhin zehn jahre älter, das geht nicht spurlos an einem vorbei. der körperliche verfall beginnt. man muss aktiv was dagegen tun. das ist nicht mehr das locker-leichte studentenleben von einst. und so stapeln sich die nichtssagenden instagram-bilder hier im blog und das persönliche wird rar. politik ist wichtiger geworden, aber öffentlich seine meinung sagen? vermutlich noch wichtiger, aber wozu? inzwischen hat jeder ein facebook-profil und eine meinung und die ist meist rechts oder links oder scheiße. es gibt kein grau mehr, alle sind entweder dafür oder dagegen oder mindestens meta. guck mal, ein lustiger panda auf einer rutsche oder böhmermann hat wieder gepupst. oder ein orangener tüp ist präsident. dieses jahr ist das jahr der negativen rückkopplung. vor zehn jahren lachten wir über die bielefeld-verschwörung, heute ballern reichsbürger auf polizisten. wir sind auf die straße gegangen gegen studiengebühren und vorratsdatenspeicherung, heute feuern nicht nur rechte gegen die amadeu antonio stiftung. ich bin müde und bezweifle das bloggen. aber was sonst hilft gegen die lethargie? vielleicht sollte ich in eine partei eintreten und karriere machen. wer weiß, bei den gestalten? ich habe nur angst, auch eine gestalt zu werden. und frau merkel bleibt kanzler, aber du kannst nicht dagegen sein, weil die merkelgegener alles nazis sind. oder bayern. es gibt keine antworten und lnagsam bezweifle ich, dass es noch fragen gibt. lassen sie uns in zehn jahren noch einmal reden. vielleicht haben wir da antworten.


carsten ~ 9.12.2016 ~ # # # # # ~ intern

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