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Gott behüte! Warum wir die Religion aus der Politik raushalten müssen

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Das Buch endet mit dem Satz:

“Gott schütze uns vor der Renaissance der Religionen.”

In schönen Sätzen legt Misik dar, dass es mit der Säkularisierung vieler Länder, dem Trennungsgebot von Staat und Religion nicht allzu weit her ist. Da mischen sich Kirchenfürsten in aktuelle Debatten oder im Namen Gottes werden Terrorakte legitimiert. Seine Kritik richtet sich gegen alles Religiöse, was in seinen Augen im Politischen nichts zu suchen hat.

“Dennoch, jeder soll glauben, wozu er lustig ist.”

Und dann kommt die starke Analogie mit dem Aberglauben, dass es Unglück bringt, einen Hut aufs Bett zu legen: Diese “Gläubigen” würden niemals versuchen, andere zu bekehren oder Nichtgläubige auszugrenzen. Nicht einmal Dialog wollen sie.

Und so sollten Religionen auch im 21. Jahrhundert funktionieren, als Privatsache, nicht als ausschließliche Identitätsstiftung. Mein Nachbar ist niemals nur Muslim, sondern auch Berlin, Deutscher, usw. Genauso wie ich mich zwar in der viel beschworenen christlich-jüdischen Tradition bewege, aber auch Berliner, Angestellter, Deutscher und Vater usw. bin. Und daran sollten wir bei der nächsten Debatte mal denken.

[xrr rating=6/7]

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Genial dagegen. Kritisches Denken von Marx bis Michael Moore

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Den Ansatz und das Ziel des Buchs beschreibt Misik ganz gut selbst:

Am Ende ist hoffentlich deutlich: So unbestritten schwierig es heute auch ist, auf kluge Weise links zu sein, so ist Linkssein schlußendlich aber auch die einzige Weise, klug zu sein.

Und so geht es munter weiter. In schönen Worten beschreibt er da die Akteure, die Koryphäen des neuen Links: Antonio Negri, Michael Moore, René Pollesch, Naomi Klein, Slavoj Žižek – ihre Aussagen, ihre Wirkungen. Sogar Judith Holofernes von Wir sind Helden hat er mit aufgenommen in den illustren Kreis.

Dann geht er ausführlich auf die unterschiedlichen Protestformen ein: Demos wie Genua, Seattle. Konsumverweigerung, NGOs – er erzählt anschaulich von südeuropäischen Anarchisten, von Linksintellektuellen, von Marxisten. Es gibt heutzutage viel unterschiedliches Links, viel Buntes, weniger Schwarzweißes. Immer mit Fokus auf unsere Lebenswirklichkeiten. Immer mit Kapitalismus und Kapitalismuskritik. Dabei schreibt er so schöne Sätze, wie:

Das Callcenter ist vielleicht die paradigmatische und gleichzeitig paradoxeste Lokalität des postmodernen Kapitalismus: Chiffre für Kommunikation und Ort der Sprachlosigkeit zugleich.

Und dann geht es tief in die Geschichte, Marx, Brecht, Benjamin und – natürlich – Che Guevara. Der Held, der große Bruder aller Linken:

“Und auch die Verklärung und Vermarktung des Che als Posterboy der Revolution ist nicht nur Ausdruck leeren Romantizismus pubertierender Teenager, die in jeder Generation das volle Programm durchzumachen haben – Hendrix, Hesse, Guevara. Noch die leerste Geste dieser Art ist zumindest der Versuch, sich in eine Tradition zu stellen, sich eine Biographie zu geben, und ist eine Versicherung dafür, daß Sehnsüchte, für die solches nur eine Chiffre ist, nicht totzukriegen sind. Aber man sollte, dies vorausgesetzt, schon auch genauer hinsehen und im eigenen Interesse den Sinn schärfen für Mythen und deren Herkommen, dafür, daß da etwas in uns denkt.”

Eine Anleitung zum Linkssein ist dieses Buch nicht. Und so richtig deutlich wird es auch gar nicht, was das eigentlich sein soll: links zu sein. In einer Welt, in der jeder gegen irgendwas ist, ist jeder links. Bei Misik fehlt die Beschreibung dessen, was nicht links ist. Und eine Anleitung zum kritischen Denken ist es erst recht nicht, da ist die Marketingabteilung des Verlags übers Ziel hinaus geschossen. Eher ist es eine Verortung dessen, wo überall Kritiker sitzen, wo sie herkommen und wo sie hinwollen und wie sie das anstellen. Was wir selbst machen könnten. Das Buch schließt mit dem Resümee:

Rezepte gibt es nicht und auch keine Trampelpfade. Es gibt nur die Möglichkeit zu tun, was man für richtig hält, gegen das zu argumentieren, was man für falsch hält, zu ändern zu versuchen, was einen stört – und dann und wann etwas zu riskieren. Manchmal ein bißchen zu weit zu gehen, anstatt stets allzu kurz zu treten. Neugierig zu sein, was daraus entsteht. Auszuhalten, daß man im voraus nicht so genau weiß, wohin der Weg führt. Und im übrigen nicht zu vergessen, daß alle Auswege mit Irrtümern gepflastert sind. Risiken und Nebenwirkungen müssen in Kauf genommen werden – da helfen weder Arzt noch Apotheker. So ist die Welt – kein göttlicher Heilsplan, sondern eine Versuchsanordnung.

Auch empfehlenswert: die Website des Autors.